Mit 15 Hundestärken über das grönländische Eis

Einmal im artkischen Winter mit dem Hundeschlitten durch Grönlands weiße Landschaft fahren – ein Traum! In Kangerlussuaq habe ich mir diesen Traum erfüllt.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Eine der wichtigsten grönländischen Traditionen ist das Hundeschlittenfahren. Nicht nur dass früher Fortbewegung gar nicht anders möglich war, auch spielen Hundeschlitten bei der Jagd eine große Rolle und dieser Tage auch für den Tourismus.

Während meines Winterabenteuers in Kangerlussuaq will ich es ausprobieren. Angesichts der eisigen Temperaturen, heißt es sich also warm einzupacken. Was könnte da neben vielen Schichten Funktionskleidung besser passen als die traditionelle Kleidung grönländischer Jäger? Also werde ich nicht nur in dicke Stiefel sondern auch in Latzhose und Jacke aus Robbenfell eingepackt. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig für mich.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Noch meinen riesigen Schal drumgeschlungen und die Mütze aufgesetzt, fühle ich mich wie eine Fünfjährige, die so dick eingepackt ist, dass sie beim Laufen wie ein kleiner Stern aussieht. Doch lieber Kleinkindfeeling als frieren, nicht wahr?

So dick eingemurmelt geht es zum Schlitten- und damit auch Rudelführer, der gerade dabei ist, die Leinen auseinanderzufieseln. Die Crew, bestehend 15 grönländische Schlittenhunden, ist schon ordentlich aufgeregt und beginnt unruhig zu werden. Neben uns startet der erste Schlitten, fast wäre meine Bande direkt mitgerannt. Da braucht es schon eine laute Ansage, damit das Rudel noch innehält.

Einen Moment später sitze ich auf dem großen Schlitten und auch mein Team rennt los.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Grönländische Hunde sind tatsächlich selten anzutreffen, weil man sie eben nur in Grönland findet. Würde man einen dieser Hunde mitnehmen und außerhalb des arktischen Kreises bringen, dürfte er nie wieder zurück. Die Rasse soll absolut reingehalten werden. Möchte man doch nicht nur ihre wilde Art, sondern auch ihre robusten Körper genauso belassen. Immerhin müssen sie wirklich harten Bedingungen standhalten können. 25 Grad im Sommer, aber auch mehr -45 Grad im Winter. Dazu kommen zugefrorene Böden, tagelange Ausfahrten. Da braucht es schon einen dicken Pelz.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Die fluffigen Fellnasen geben Gas und manövrieren uns gekonnt über den zugefrorenen Fjord. Ich schaue mich um und sehe weit und breit weiß. Der zugeschneite Fluss, die umliegenden puderzuckrigen Hügel – alles glitzert in der Wintersonne. Genauso wie meine Wimpern kurze Zeit später. Die Tränen, die mir der Fahrtwind in die Augen treibt, bleiben nicht lang flüssig. Bei -15 Grad Außentemperatur und der kalten Luft, die mir ins Gesicht prescht, dauert es nur Sekunden bis sich an meinen Wimpern Eiskristalle bilden.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Ich ziehe den Schal noch höher über die Nase und die Mütze noch tiefer ins Gesicht. Ich versuche für einen kurzen Moment aus meinen zwei Paar Handschuhen rauszukommen, um ein Bild während der Fahrt zu schießen. Gar nicht so einfach. Eigentlich sehe ich meine Kamera nicht einmal, mein Schal verdeckt einfach alles. Ob das Bild was geworden ist, weiß ich auch nicht, weil das Display meiner Kamera die Temperaturen nicht so geil findet und lieber mal eine Pause einlegt. Es sei ihm gegönnt.

Bei einer Pause heißt es für mich: Beine vertreten und so für warme Füße sorgen. Der Schlittenführer entheddert derweil die Leinen der Hunde. Diese genießen die Freizeit und nutzen sie wahlweise, um sich im Schnee zu suhlen oder einfach die Augen zu schließen und ein wenig zu powernappen.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)
Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Ein Mutiger tritt vor und kommt leicht schwanzwedelnd auf mich zu. Auch grönländische Hunde wollen eben mal gekrault werden. Den Wunsch erfülle ich ihm doch gern. Schade, dass ich angesichts der Temperaturen die Handschuhe besser nicht ausziehen sollte, denn dieses flauschige Fell muss einfach kuschelweich sein.

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Als die Leinen wieder alle da sind, wo sie sein sollen, ist die Pause und damit auch die Kuschelstunde vorbei. Zeit weiterzufahren.

Das Team Fellnasen zieht uns weiter über den scheinbar endlosen Fjord, die Sonne strahlt mir ins Gesicht, außer dem Getrappel der Hunde und dem unter dem Schlitten knirschenden Schnee, ist es mucksmäuschenstill.

Endlose Stille und klare Luft. Einatmen und genießen!

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)

Der Hundeführer reist mich aus meinen Gedanken, als er nach rechts auf die Hügel deutet, ich brauche einen Moment bis ich meine vereisten Wimpern weit genug auseinander und meinen Kopf angesichts des dicken Schals weitgenug gedreht bekomme, um zu sehen, was er mir gedeutet hat: ein Rentier huscht über die Steine.

Ach Grönland! Das kannst auch nur du, so viel Zauberei.


Infos zur Hundeschlittentour:

Anbieter: Albatros Arctic Circle (Werbung: der Anbieter war so nett, mich zu dieser Tour einzuladen)

Dauer: du kannst zwischen einer mehrtägigen Tour, 4 Stunden und 2 Stunden Fahrt wählen. Ich bin 4 Stunden unterwegs gewesen. Allen, die wirklich schnell frieren und die nur mal wissen wollen, wie es ist mit einem Hundeschlitten unterwegs zu sein, denen empfehle ich die 2-stündige Tour.

Kosten: ca. 325 Euro für 4 Stunden und 218 Euro für 2 Stunden

Winterabenteuer in Grönland / Kangerlussuaq - eine Hundeschlittentour über das ewige Eis (Bericht von PASSENGER X)


Meine Buchempfehlungen für Grönland:


Thema Robbenfell

Robbenfelle zu tragen mag für unsereins etwas gewöhnungsbedürftig sein und vermutlich wird auch gleich der ein oder andere Tierschützer aufschreien. Doch ohne damit eine riesige Diskussion lostreten zu wollen, muss man fairerweise sagen, dass Robben nicht nur schon immer traditionell in Grönland zum Eigenbedarf gejagt und auch im kompletten verwertet wurden und so viele Menschen im Winter genährt und vorm Erfrieren gerettet haben, sondern dass die ganze Kritik am Thema und die Kampagnen in den 80ern vor allem der kommerziellen Jagd und dem kommerziellem Exporten entgegentraten. Der reine Eigengebrauch hätte wohl nicht solche Probleme verursacht.

Ich selbst ernähre mich größtenteils vegetarisch und bin eine wirklich sehr große Tierfreundin. Aber ich habe auch die Wahl. Wir leben in einem Land, in dem allerhand angebaut werden kann, Tiere gezüchtet und gehalten werden können, wir müssen an sich keine wilden Tiere jagen. Etwas anzubauen oder zu züchten, ist in Grönland – wetter- und vegetationsbedingt – schlichtweg unmöglich. Abschließend kann sich dazu natürlich jeder selbst eine Meinung bilden, nur sollte man eben nicht nur aus unserer deutschen sehr gemütlichen Lage heraus urteilen, sondern alle Aspekte betrachten.

Zitat von der Greenpeace Website: „Ist Greenpeace gegen die Robbenjagd der Ureinwohner? Nein, wir unterscheiden zwischen dem kommerziellen, profitorientierten Töten und der Jagd zum Lebensunterhalt durch Indigene, bei der nur so viel gejagt wird, wie zum Leben nötig ist. Der Protest von Greenpeace richtet sich also nicht gegen die traditionelle Jagd der Indigenen zur Deckung des Eigenbedarf…“

Auch die Neue Züricher Zeitung hat dazu einen interessanten Artikel veröffentlicht, ebenso wie die FAZ „Nun sterben die Jäger der Robben“ – beides sehr lesenswert.

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2 Antworten zu „Mit 15 Hundestärken über das grönländische Eis“

  1. dagmar

    Liebe Nicole,
    hier möchte ich einfach nur mal von Herzen Danke sagen, dass es zwischen den neuen Blümchenkleider-Reiseblogs noch Blogger mit vernünftigen Berichten und realistischen Reisetipps gibt.
    Bitte bleib der Bloggerwelt so lange wie möglich erhalten, denn die guten sterben aus… und vor allem: Bleib wie Du bist!
    Alles erdenklich Gute und viel Erfolg!
    Dagmar

    1. Oh Dagmar – you made my day!
      DANKE für solch einen lieben Kommentar!

      Ich wünsche dir ganz ganz ganz viel Freude bei der Reiseplanung für dein eigenes Grönland Abenteuer und bin schon super gespannt, wie es dir gefallen wird!!

      Liebe Grüße
      Nicole

      P.S.: ich habe heute bei uns im Wohnzimmer eine Spinne an der Decke entdeckt. Hab ihr einen Namen gegeben und einen Deal abgeschlossen;)