Seit März reise ich nun Vollzeit. (Klingt das nicht wunderbar?) Zwei Monate bleiben mir noch, bis mein Sabbatical zu Ende geht. Zeit für einen Zwischenbericht.
Klar, der Ausstieg war schon ein wenig merkwürdig. Nach neun Jahren mit dem immer gleichen Arbeitsweg, wache ich auf und weiß, es gibt nur noch eine Aufgabe: Backpack packen. Und das ist ein enorm gutes Gefühl.
In den vergangenen Wochen habe ich unheimlich viele tolle Momente erlebt und genauso auch ein paar schräge und unangenehme. Von atemberaubenden Aussichten auf die Schweizer Berge, dem frühmorgendlichen Fischmarkt in Tokio, den Blumenfeldern in Holland, unzähligen belgischen Pralinen, die in meinen Mund wanderten, über eine Touristenfalle in China bis hin zu dem freiwilligen Schlafen in fremden Betten und dem unfreiwilligen Einstieg eines Fremden in mein Bett.
Aussteigen. Diese vier Monate waren super aufregend.
Sicher hast du die meisten Posts zu den Reisen schon gelesen, wenn nicht, einfach jetzt rein klicken. Alles in allem kann ich sagen, dass Japan mich extrem positiv überrascht hat, Europa aber auch unheimlich schön ist. Man muss also nicht immer gleich super weit weg, um sich wieder daran zu erinnern, dass diese Welt großartige Ecken zu bieten hat.

Einmal im Leben…
Für meine Reisen hatte ich mir so einiges vorgenommen, was ich zum ersten mal machen wollte. Wenn ich schon einmal so lange frei habe, dachte ich mir, will ich auch gleich mal ein paar kleine und große Abenteuer angehen. Jeder hat ja so Dinge, die er unbedingt einmal gemacht haben will oder die ihm normalerweise eigentlich eher nicht so liegen. Also A**backen zusammen kneifen und los gehts!
Alleine Reisen
Ich hatte immer mächtig Respekt vor Menschen, die sich ganz allein auf die Reise begeben haben. Ich befürchtete man würde sich einsam fühlen, zu Hause vermissen, unsicher sein oder schlichtweg verzweifelte Momente haben. Und trotzdem habe ich es gemacht. Meine allererste Soloreise ging nach China. Eine wahre Herausforderung, vor allem als Frau. Und ja, das war nicht unbedingt meine beste Erfahrung und dennoch folgten weitere Soloreisen. Belgien, Niederlande, Schweiz.
Und jetzt kann ich sagen: alleine Reisen ist super.
Denn eigentlich ist man nie lang wirklich allein. In Hostels trifft man schnell auf andere Reisende. Und selbst wenn man mal allein ist, ist das auch ok. Man gewöhnt sich daran und ein paar Vorteile hat es auch. Ich zum Beispiel bin allein mutiger. Weil da niemand ist, der einen fragt, ob man das wirklich machen will oder der einen und seine Ängste kennt und diesen liebevollen beschützenden Blick zuwirft. Man entscheidet allein: ja oder nein. Und ich entscheide mich allein häufiger für „machen!“. Es kostet einen großen Schritt Überwindung beim ersten Mal und dann ist es total einfach.
In gemischten Mehrbettzimmern schlafen
Klingt vielleicht harmlos, war für mich immer eine Horrorvorstellung und hat sich bis auf eine sehr schräge Erfahrung als super, wenn auch von kurzen Nächten geprägt, herausgestellt. Die schlechte Erfahrung? Ach ja, ich sagte schon, dass jemand in mein Bett wollte? Sagen wir mal so:
junger Amerikaner + Prag + viel billiges Bier + gemischter Schlafsaal = keine gute Idee
Wer so besoffen ist, dass er weder die Toilette findet, bzw. glaubt die wäre direkt im Zimmer vor den Schränken und danach auch nicht mehr die zwei Meter ins eigene Bett zurück findet, der sucht sich eben den kürzesten Weg. Das war dann leider mein Bett. „Hey Dude, get out of here, this is not your bed!“. Nach dem dritten mal, hat er es dann verstanden und ich hatte meine 90er Matratze wieder für mich. Naja, immerhin ist diese Erfahrung nun eine nette Geschichte. Ansonsten ist das Hostelleben nicht besonders bequem aber dafür unkompliziert, günstig und gesellig.

Per Anhalter fahren
Ok, es war nur eine kurze Strecke und allein war ich auch nicht, aber ich habe doch tatsächlich den Daumen rausgestreckt und wurde per Anhalter in einem Truck bis nach Gent mitgenommen. Was soll ich sagen, ich war stolz wie Bolle und würde mich das jetzt in einigen Ländern auch allein trauen.

Couchsurfing
Bei vollkommen Fremden übernachten und dafür gar nichts zahlen? Das ist Couchsurfing. Und schon in Belgien habe ich es ausprobiert. Mulmiges Gefühl zu Beginn, aber ein voller Erfolg. Nicht nur, dass ich so günstig reisen konnte, ich habe auch super coole Leute kennengelernt, die mir nützliche Insidertipps gegeben haben. Neugierig auf mehr Details? Wer waren meine Hosts, was haben wir unternommen und würde ich es wieder machen? Das verrate ich dir im Artikel zum Couchsurfen.
Paragliding
Hatte ich schon erwähnt, dass ich Höhenangst habe? Vielleicht ist es bekloppt, aber trotzdem habe ich mir schon seit Jugendjahren immer gesagt, dass ich eines Tages paragliden würde. Und wenn ich mir was vornehme, dann mach ich es auch. Selbst mit Angst. Klingt super mutig, oder? Na wenn ich ehrlich bin, dann kann ich es selber gar nicht fassen, dass ich das jetzt echt gemacht habe. In 1.100 Metern habe ich den Ausblick auf den Grindelwald in der Schweiz genossen und zugegeben vor Glück und Angst zeitgleich geschrien. Und für alle, die zu neugierig sind, um auf den Artikel zu warten, gibt es auch schon ein 30-Sekunden-pure-Emotionen-Video.

Was kommt noch?
Tja, wie geht es denn eigentlich weiter?
Erst einmal geht es jetzt nach Frankreich in die Provence. Einmal tief einatmen und sich vom Lavendel berauschen lassen. Dann weiter nach Paris. Ich sehe mich schon mit einem Café Au Lait in der Hand an der Seine entlang schlendern.
Im August kommt dann das große Finale: Grönland. Drei Wochen Gletscher, Wale, Mitternachtssonne und Inlandeis.
Und dann? Ab September heisst es für mich wieder zurück in den Job gehen, statt Aussteigen, Einsteigen. Zugegeben die Vorfreude hält sich in Grenzen. Noch weiß ich nicht, an welchen Schreibtisch dann sitzen werde. Doch das ist mir auch gar nicht mehr so wichtig, wie noch vor einem Jahr. Durch das Reisen haben sich meine Prioritäten verschoben. Arbeit, klar, die brauche ich, vor allem um das Geld für’s Leben zu verdienen. Darüber definieren werde ich mich nicht mehr so sehr. Es stimmt: wer auf eine Reise geht, der kommt nicht als die gleiche Person wieder.
Stattdessen stehen schon viele andere Dinge in meinem Kalender:
- Spanisch lernen
- weitere Fotokurse besuchen
- noch die ein oder andere Angst überwinden und die „einmal im Leben“-Liste weiter abhaken. Was genau das sein wird, verrate ich dir dann hier als erstes;)
- die nächsten Reisen planen, denn jetzt bin ich erst richtig süchtig geworden
So sehe ich also nicht nur den letzten zwei Monaten meiner Auszeit mit einem breiten Grinsen entgegen, sondern auch der Zeit danach. Und bis es soweit ist, atme ich tief ein und genieße jeden Augenblick.

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