Auf unserem Van Road Trip von Lissabon über Spanien und Andorra bis nach Marseille haben wir größtenteils wild gecampt. In diesem Artikel erzähle ich dir, wo das erlaubt ist, wo es verboten ist und welche Tipps ich für dich zum Wild Campen in Europa habe.
Wild Campen – was ist das?
Starten wir zu allererst doch mit einer kurzen Begriffsklärung. Wenn ich in diesem Artikel von Wild Campen spreche, dann meine ich nicht zwangsläufig das Campen im Wald, also wilden Regionen, sondern das Campen auf dafür nicht explizit vorgesehenen Plätzen. Das heißt, campen abseits von Campingplätzen. Da wir mit dem Camper Van unterwegs waren, spreche ich auch nicht vom Zelten, sondern vom Campen mit dem Auto/ Transporter oder Wohnmobil. Für das Wild Zelten gelten teilweise andere Regelungen.
Wild Campen in Europa – wo es geht und wo nicht.
Wer an Road Trips und Van Touren denkt, dem fallen wohl zuerst die USA, Australien oder auch Kanada ein. Doch auch Europa ist mit seinen vielen unterschiedlichen Ländern ein wunderbarer Ort, um mit dem Auto zu reisen. Doch wie sieht es mit dem Wild Campen in Europa aus? Ist es erlaubt oder ist es verboten? Leider ist diese Frage nicht pauschal zu beantworten, da jedes Land eigene Gesetzte zu diesem Thema hat.
Grundsätzlich gilt für alle Länder, dass das Campen in Naturschutzgebieten und Nationalparks verboten und auf Privatgrundstücken nur mit Erlaubnis des Besitzers gestattet ist.
Bevor du jetzt Land für Land durch schwere Gesetzestexte wühlst, um die einzelnen Regelungen rauszufinden, fasse ich diese einmal kurz und knackig (aber ohne Gewähr) für dich zusammen. Angefangen mit den Ländern, in denen es am einfachsten ist.
Wild Campen in Europa: Norwegen, Finnland, Schweden und Schottland
Wer es einfach möchte, der muss nach Skandinavien. Denn in Norwegen, Finnland und Schweden gilt das Jedermannsrecht. Dieses besagt, dass die Wildnis jedem gehört. Damit sind allerdings zeltende Menschen gemeint. Wer mit einem Zelt unterwegs ist, braucht sich also keine Gedanken machen, so lange er von bewohnten Flächen Abstand hält. Für Autos, Wohnmobile und Vans gilt, dass das Parken am Straßenrand von unkultivierten Flächen erlaubt ist. Also nicht auf Ackern oder Privatgrundstücken.
Eine praktische Übersicht bietet dir dieses Schaubild:
Diese Infografik wurde von CamperDays erstellt.
Wild Campen in Europa: Portugal
In Portugal ist das Wild Campen grundsätzlich verboten. Glücklicherweise wird es jedoch häufig geduldet. Wer sich einen Platz sucht, bei dem er weder auf einem Privatgrundstück steht, noch in einem Naturschutzgebiet steht oder aber den Verkehr stört und sich zudem umsichtig verhält, wird für gewöhnlich kein Problem haben. Wir haben uns 2017 in der ersten Nacht auf einem Parkplatz in Strandnähe gestellt. Dieser ist sogar dafür bekannt, dass Camper dort geduldet werden. Tagsüber kann man dort auch die WCs der kleinen Bistros nutzen. Einen richtig tollen Spot fanden wir dann einen Tag später an der Algarve. Gleich in der Nähe des Strandes von Monte Clerigo, mit Blick auf das Meer. Den Tipp hatten wir vom Surfnomaden, der auf seiner Seite wirklich großartige Spots zum Surfen und Campen verrät.
Update 2021: Angesichts der starken Zunahme an Camperreisenden ist Portugal inzwischen nicht mehr so entspannt unterwegs, was das Wildcampen angeht. Leider stören die vielen Touristen die Anwohner und hinterlassen ihre auserwählten Übernachtungsplätze nicht selten völlig zugemüllt. Einheimische und Regierung wollen nun verstärkt dagegen vorgehen. Konkret bedeutet dies: die Polizei fährt Streife und die Portugiesen selbst laufen Patrouille in ihrer Nachbarschaft. Wird unerlaubter Weise gecampt / übernachtet, sind je nach Gebiet Strafen zwischen 60 und 600 Euro fällig.
Wild Campen in Europa: Frankreich, Italien, und Spanien
Grundsätzlich ist das Wild Campen in Spanien, Frankreich und Italien verboten und gerade in Touristenregionen soll wohl stark kontrolliert werden. Offiziell wird geraten einfach Privatpersonen um Erlaubnis zu fragen, um auf deren Grundstücken zu campen. Zu Spanien hörten wir allerdings auch, dass das Wild Campen zwar verboten, in vielen Orten aber geduldet sei. So haben wir uns getraut und trotz Verbotes in der Sierra Nevada wild gecampt. Und das gar nicht mal so unauffällig. Neben einer Serpentine gab es eine Raststelle mit festen Tischen und Bänken sowie ausreichend Parkfläche. Dort haben wir unseren Van mit Blick Richtung Sonnenuntergang abgestellt. Spät Abends gesellte sich noch ein Pärchen mit Auto dazu und übernachtete im Zelt. Kontrolliert wurden wir nicht. So konnten wir die Nacht in aller Ruhe schlafen und auch den Sonnenaufgang genießen.
Wild Campen in Europa: Andorra
Im Zwergenstaat Andorra, ist es ganz klar im Gesetz geregelt: Wild Campen ist verboten. Nötig ist es auch nicht, denn Andorra ist gerade einmal doppelt so groß wie Leipzig. So ist der Weg zum offiziellen Camping Platz nicht zu weit. Doch bei der Frage nach dem Wild Campen geht es ja selten, um die Not eines fehlenden Campingplatzes als vielmehr um das Erlebnis mit dem Van an einer abgelegenen Stelle zu nächtigen. Und solche Stellen gibt es im schönen Andorra auf jeden Fall. Von Andorra de Vella aus kommt man auf die Landstraße, welche den Berg hoch zum Skigebiet an den Tristaine See führt. Im Sommer ist dort am späten Abend nichts los. So konnten wir unseren Van auf den Parkplatz stellen, mit Blick auf Berge und Tal. Erst am Morgen gegen 8 Uhr tauchten dann andere Autos auf, deren Besitzer so wie wir, in der Region wandern gegangen sind. Also haben wir auch in Andorra erfolgreich Wild Campen können.
Diese Infografik wurde von CamperDays erstellt.
Wild Campen in Europa – meine Learnings
Dieser Trip war für mich die erste Wild Camping Erfahrung und wie das immer ist, wenn man etwas zum ersten Mal tut, man lernt viel Neues.
So weiß ich nun, dass es einige Dinge gibt, die man vor einem Wild Camping Urlaub auf jeden Fall einkaufen sollte:
- Toilettenpapier
- Zewa
- Mülltüten
- Mückenspray
- Pflaster
- Ausreichend Wasser
Wer wild campt, der muss davon ausgehen, keine vernünftige Toilette in der Nähe zu haben.
So lange man noch auf Autobahnen unterwegs ist, findet man in regelmäßigen Abständen Raststätten und kann deren WCs nutzen. Auch viele Küstenabschnitte haben strandnah öffentliche WCs und teils sogar Duschen. Doch spätestens, wenn es in Wälder oder Bergregionen geht, hat sich das mit den WCs ganz schnell erledigt. Der nächste Busch wird dann zum stillen Örtchen. Toilettenpapier sollte man beim Wild Campen in Europa daher immer an Bord haben und auch Mülltüten. Denn bitte lasst eurer Klopapier nicht einfach liegen. Das habe ich erschreckend oft gesehen und finde es einfach nur traurig. Schließlich campt man ja nicht nur wild, weil es so viel günstiger ist, sondern auch, weil man so an ganz besonders schönen Orten übernachten kann. Diese Orte dann verschmutzt zu hinterlassen, ist schlichtweg respektlos. Also packt eurer benutztes WC Papier entweder in eine Mülltüte, die ihr wieder mitnehmt. Verbrennen ist gerade in Sommermonaten aufgrund der hohen Waldbrandgefahr keine gute Lösung.
Stelle dich auf unterschiedliche Wetterbedingungen ein
Am Morgen waren wir noch im spanischen Flachland, bei 30 Grad, in der Nacht standen wir bei 0 Grad in den Bergen von Andorra. Wer mit dem Van unterwegs ist, ist mobil. Darum geht es ja. Ganz sicher wirst du unterschiedlichstes Wetter erleben. Decke dich also sowohl mit Sonnencreme und Mückenschutz ein, als auch einer Auswahl warmer Kleidung.
Weniger ist Mehr
Erst hatte ich ja noch Sorge, dass es mir zu wenig Platz im Van sein könnte oder mir die doch sehr minimale Ausstattung oder vernünftige WCs zu sehr fehlen würden. Doch tatsächlich war das nicht der Fall. Je weniger man dabei hat, desto weniger gibt es, was im Weg steht oder worum man sich kümmern muss. Und so kann man sich auf die Umgebung und schöne Ausblicke konzentrieren, die Zeit voll ausschöpfen. Nehme also nicht zu viel Kram mit und versuche nach dem Aufstehen und auch nach dem Essen aufzuräumen. Dann fliegt nichts während der Fahrt durch den Camper und der wenige Platz ist nicht zugerümpelt. Das schafft den nötigen Freiraum.
Pflaster drauf und gut ist
Wild Campen in Europa bringt nicht zwangsläufig Verletzungen mit sich, so gefährlich ist es nun wirklich nicht. Aber, daheim hast du sicherlich Pflaster, oder? Und wenn du Wandern gehst oder dich einfach beim wild pinkeln so dumm anstellst wie ich, und dir ausgerechnet einen Busch mit hartnäckigen spitzen Ästen suchst, dann kannst du schon mal die ein oder andere Schramme mitkriegen. Deshalb mein Tipp: nehme eines dieser praktischen Mini-Erste-Hilfe-Kits* mit, dann sind kleinere Verletzungen kein Problem.
Dusche immer abends
Wenn dein Campervan einen Wassertank und einen kleinen Duschkopf hat und du dich damit waschen willst, dann mache das am besten am Abend. Ich als Neuling, habe mich eines Morgens duschen wollen und dann ordentlich gebibbert. Denn das Wasser hatte die Temperatur der letzten Stunden angenommen. Was so zum frühen Abend wenigstens für lauwarmes Wasser sorgt, beschert einem nach einer kalten Nacht entsprechend frisches Wasser. Wer also nur ein bissl zittern und nicht fast erfrieren will, der duscht besser am frühen Abend.
Respekt ist alles
Wir konnten uns glücklich schätzen, solch fantastische Ausblicke wie an der Algarve genießen zu können und das ging nur, weil das Wild Campen geduldet wurde. Das bleibt aber sicher nicht so, wenn die Orte zugemüllt werden oder die Reisenden laut und rüpelhaft unterwegs sind. Gehe also respektvoll mit dem Ort und den Menschen um. Nehme deinen Müll mit oder entferne ihn in vorgesehen Tonnen. Mache keinen Lärm und sei freundlich. Sei einfach ein guter Gast. Dann haben auch die Nächsten noch etwas von dem schönen Ort.
Fazit: Love it or hate it but try it!
Ganz klar, mit dem Van unterwegs zu sein und auch darin zu übernachten, mit wenig Platz, ohne WC und nur mit minimaler Ausstattung, das ist nicht jedermanns Sache. Ich denke, das ist wohl so eine „Liebe es oder hasse es“ – Sache. Ich persönlich weiß nach diesem Trip ganz sicher, dass ich nicht nur das Road Tripen großartig finde, das hatten wir ja schon in Kanada getestet. Nein, ich bin auch ein großer Camper und Wild Camping Fan. Die Flexibilität und die Möglichkeit ganz besondere Orte nur für sich zu haben – das ist einfach unfassbar schön.
Nur Mut, probiere es aus!
Schöne Camper für dieses Abenteuer findest du zum Beispiel bei Paul Camper.*
Und auf der Suche nach guten Stellplätzen ist die App Park4night eine große Hilfe.
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