Zwei Tage habe ich in El Chalten, Patagonien geplant. Mit dem Bus war ich von El Calafate aus angekommen und wurde zunächst im Infocenter des Nationalparks ausgekippt. 10 Minuten sollte die kurze Erklärung dort dauern. Die Region sei „beautiful“ aber selten „clear“ und wenn es „windy“ wäre, dann seien einige der Wanderungen wirklich „dangerous“ und man solle lieber umdrehen. Doch wir, die heute angekommen sind, seien Glückspilze, denn heute wäre ein besonders klarer Tag und auch morgen würde es erst zum Nachmittag hin windig werden. Wer also die eine große Wanderung zum Fitz Roy unternehmen wolle, die wegen der wir wohl alle hier wären, der solle doch lieber schon früh morgens starten. So stand mein Plan für die nächsten eineinhalb Tage auch schon fest.
Vom Infocenter ging es zurück in den Bus und zum Hostel. Die Distanz betrug nicht einmal einen Kilometer, so klein ist die Ortschaft. Einchecken, Klamotten wechseln, Kamera schnappen und den schönen Tag für eine eineinhalbstündige Wanderung zum Aussichtspunkt auf Stadt und Berge nutzen – so der Plan. Ich laufe also zurück zum Infocenter, von wo aus viele der Wanderungen starten und gehe den staubigen Weg hinauf zum „Mirador“. Oben angekommen verstehe ich, warum es all die eingefleischten Wanderer hierher verschlägt. Der Blick auf den Fitz Roy, dem Symbol von El Chalten, ist einfach der Hammer.
Was für eine irre Felsformation. Habe ich vor ein paar Stunden noch gezweifelt, ob ich die lange Wanderung am nächsten Tag durchziehen könnte – 20 Kilometer, acht Stunden – so weiß ich jetzt, dass ich das unbedingt will. Diesen Berg muss man einfach von Nahem sehen. Als ich am Abend im Hostelzimmer auf meinem Bett liege und Grüße in die Heimat simse, kommen meine Zimmergenossen an.
Erschöpft sehen sie aus, gerötete Gesichter und Blasen an den Füßen.
20 Kilometer haben sie hinter sich, jene 20 Kilometer, die ich morgen vor mir habe. Doch zwischen dem erschöpften Schnaufen tönen Halbsätze wie „wirklich schön, musst du machen, lohnt sich voll.“. Ich knipse das Licht also früh aus und lasse mich vom Klingeln am nächsten Morgen um sechs Uhr wecken.
Voller Tatendrang wache ich auf, doch was ist das? Es zischt und knarrt im ganzen Haus. Es windet und zwar richtig kräftig. Das war doch erst für den Nachmittag angesagt. Verdammt.
Wenn starker Wind aufkommt, sind die Wanderungen wirklich gefährlich.
Ich starte meine Wanderung also wissentlich, dass ich gegebenenfalls umdrehen muss. Zumindest den ersten Teil, welcher durch einen Wald führt, kann ich wohl problemlos angehen, nur den letzten Anstieg? Bei dem Wind? Na wir werden sehen. Allein bin ich, vor und hinter mir niemand zu sehen. Die anderen tuen sich mit der Uhrzeit wohl schwer. Es geht bergauf. Hatte es nicht geheißen, nur der letzte Abschnitt sei anstrengend? Warum schwitze und keuche ich dann jetzt schon? Hatte ich wohl doch zu viel Alfajores in den letzten Tagen gegessen?
Immer weiter bergaufwärts, komme ich zum ersten Ausblick.
Ich schaue auf ein weites vom Fluss durchzogenes Tal – wow! Die morgendliche Sonne bricht gerade über die umgebenen Berge – welch schönes Licht. Ganz gleich wie weit ich kommen werde, wenn das die Ausblicke sind, lohnt es sich.
So geht es weiter. Durch den mich jetzt umgebenen dicht bewachsenen Wald, bin ich windgeschützt unterwegs. Drei Kilometer später muss ich mich entscheiden, will ich zum Aussichtspunkt oder zum See. Ich entscheide mich für den Aussichtspunkt und bekomme den Mund gar nicht mehr zu, als ich dort ankommen. Da ist er, der Fitz Roy. Wahnsinn. Und rechts daneben kann man zwischen den Bergen sogar ein Eisfeld erkennen.
Immer wieder muss ich die Augen zusammenkneifen, um diesen Ausblick genießen zu können.
Denn der starke kalte Wind treibt mir die Tränen in die Augen.
Die Kamera wackelt beim Fotografieren. Es ist gerade erst 9.00 Uhr morgens. Der Wind sollte erst im Laufe des Tages stärker werden. Ich überlege hin und her und entscheide mich schlussendlich für den Bogen über den See und den anschließenden Rückweg.
Vielleicht bin ich zu ängstlich.
Doch ich habe keinen dabei, der sich auskennt und mir sagen könnte, ob das jetzt schon starker Wind ist, der nachher gefährlich wird, oder ob das noch harmlos ist.
Schade, denn ich habe nur diesen vollen Tag in der Region und so werde ich keine weitere Chance auf die gesamte Wanderung haben. Aber so ist das eben, wenn man in der Natur unterwegs ist: man kann Pläne machen, aber am Ende entscheidet die Natur.
Also nutze ich den restlichen Tag, um mich durch die Cafés und Restaurants in El Chalten zu probieren. Besonders empfehlen kann ich dir „La Chocolataria Josh Aike“. Hier gibt es eine richtig gute heiße Schokolade und welche der besten Alfajores, die ich in Argentinien gegessen habe. Außerdem ist das Café super nett eingerichtet, ganz in Holz gehalten und mit vielen Bildern von vergangenen Bergsteiger Abenteuern ausgeschmückt.
Ein wirklich schöner Ort, um nach dem Wandern zu verweilen.
Für mich steht fest: ich werde eines Tages wiederkommen.
Dann werde ich direkt fünf Tage einplane. Die Wanderungen, die man hier machen kann, sind einfach super schön und man weiß eben nie, wie das Wetter wird. Außerdem hat El Chalten noch einen großen Vorteil allen anderen beliebten Wanderregionen in Südargentinien gegenüber: Der Nationalpark kostet keinen Eintritt und man kann ganz ohne Bustour gleich vom Hostel aus starten.
Reiseempfehlungen für El Calten:
Der beste Reiseführer für Argentinien:
Zur Vorbereitung und Planung hat mir der Argentinien Reiseführer von Lonley Planet(ca. 25 Euro)* sehr gut geholfen, den kann ich dir auf jeden Fall auch empfehlen und solltest du noch mehr in Südamerika sehen wollen, dann ist auch der Südamerika Reiseführer* wirklich super.
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