Der heutige Protagonist meiner Serie „Mein Berlin“ ist nur fast freiwillig dabei. Lass mich dir das kurz erklären: Jonas gehört zu der Sorte Mensch, die ihre Meinung sagen und damit vielleicht auch mal Disharmonie provozieren. Einfach, weil er das für richtig hält und sicher auch weil er ein wenig neugierig ist, wie du darauf reagierst. So ist Jonas auch dazu gekommen, mir seine Tippps für Treptow und Neukölln zu zeigen. Denn der geborene Treptower war mit einer Empfehlung aus der vorangegangenen Folge nicht einverstanden. Lisa hatte das Café Black Sheep gelobt und das ging Jonas gegen den Strich. Denn der vegane Laden ist seiner Meinung nach alles andere als gut:
„Es gibt wirklich wenige Orte von denen ich mir wünsche, dass sie möglichst bald wieder verschwinden. Das Black Sheep gehört dazu….“ kommentierte er unter der Facebookveröffentlichung.
Ok, dachte ich mir, das kann er ja so sehen, aber dann muss er mir zeigen, wo es seiner Meinung nach besser ist. Ich schrieb ihm:
„Ich mag den Laden und als ich da war, war auch das Personal nett. Aber Geschmäcker dürfen ja unterschiedlich sein;) Was hältst du davon, mir mal „dein Berlin“ zu zeigen? Bin mir sicher du kennst dich in deinem Kiez super aus und kannst mir viele coole Läden zeigen 🙂 Na, biste dabei?“
Jonas daraufhin:
„Klar. Mein Döner, mein Späti, mein Zeitungsladen :-)“
Da musste ich lachen und antwortete:
„Die Auswahl triffst du. Ich frühstücke auch Döner mit dir und trinke anschließend was Erfrischendes vom Späti. Dit is och Berlin.“
Da Jonas nicht nur direkt und ehrlich ist, sondern auch zu seinem Wort steht, hat er zugesagt und mir tatsächlich „seinen Kiez“ gezeigt. Wir sind an einem verschneiten Sonntag losgezogen, auf eine Tour von Treptow durch Neukölln. Eben jenen Kiez, in dem der reisebegeisterte Jonas Zeit seines Lebens wohnt.
Die besten türkischen Backwaren im Treptower Kiez
Noch bevor es zum Frühstück geht, machen wir auf dem Weg halt. Jonas will schon einmal einen süßen Snack für unser Abendprogramm kaufen. Ich bin erstaunt, denn ich sehe ausschließlich kitschige Hochzeitstorten im Schaufenster. Doch als wir das „El-Salam“ betreten, verstehe ich: hinter der kitschigen Auslage steckt ein arabische Bäcker, der neben den Torten auch eine riesige Auswahl an frischen Baklava verkauft.
Jonas lässt sich eine gemischte Box der klebrigen Leckereien zusammenstellen. Klar, dass wir auf dem Weg zum eigentlichen Auftaktort schon einmal probieren… mhhh lecker.
Das beste Frühstück in Neukölln
Jonas’ Tour ist für mich eine Überraschung, denn er hat mir vorher nicht verraten, welche seine Tipps für Treptow und Neukölln sind. Umso mehr muss ich schmunzeln, als wir an seinem liebsten Frühstücksspot ankommen: das „Nah am Wasser gebaut“.
Aufmerksame „Mein Berlin“-Leser wissen jetzt vielleicht schon warum: Sarah hatte mir genau dieses Café auch empfohlen.
Jonas geht eher selten frühstücken. Aber wenn er mal die Zeit hat, wie zum Beispiel zur Berlinale Woche, in der er sich jedes Jahr freinimmt, dann ist das „Nah am Wasser gebaut“ seine Wahl. „Ich mag die Einrichtung und das Essen ist auch sehr gut. Mal vom super Frühstück abgesehen, gibt es auch immer eine schöne Auswahl an kleineren Mittagsspeisen.“
Wir setzen uns an einen Thekentisch, ich auf einen Barhocker, er auf eine Schaukel. Ja, in diesem Restaurant gibt es auch Schaukeln!
Am Tresen bestellen wir Rührei sowie Filterkaffee für ihn und eine gemischte Frühstücksplatte plus Sojamilchkaffee für mich. Das Leuchten und Brummen unseres Piepsers informiert uns, als unsere Teller fertig angerichtet sind und auf Abholung warten. Dann geht das Sonntagsfrühstück los.
Während wir selig essen und quatschen, unterbricht uns von Zeit zu Zeit der laute Entsafter, der sich durch Karotten und diverses Obst kämpft.
Nah am Wasser gebaut
Adresse: Kiehlufer 55, 12059 Berlin
Öffnungszeiten: Mo – Fr 7-20 Uhr, Sa 8 – 22 Uhr, So 9 – 22 Uhr
Zwischen Frischkäse und Marmelade kommen wir auf die Berlinale und überhaupt auf Filme zu sprechen. Jonas ist Kino-Jahreskartenbesitzer, weshalb man ihn auch mindestens einmal in der Woche im Filmspielhaus antrifft. Fast verquatschen wir uns an dieser Stelle, doch es wird Zeit weiter zu ziehen.
Der beste Ort zum Entspannen
Zurück im Schnee, spazieren wir den Landwehrkanal entlang. Ein Teilabschnitt von Jonas’ morgendlicher Laufstrecke. Beim Laufen kann er abschalten. Dann setzt er sich die Kopfhörer auf und hört Podcasts. Wenn er Abends entspannen will, dann gern daheim auf der Couch bei einigen Folgen einer guten Serie.
Lieblingscafé für Kuchen in Neukölln
Haben wir nicht gerade erst gefrühstückt und auch schon ein paar Baklava genascht? Egal, Kuchen geht doch immer. Und so machen wir nicht nur einen kurzen Fotostopp, sondern genehmigen uns ein Stück zuckriges Glück von „Martins Place“.
Der kleine, fast schon unscheinbare Laden, wird von Joseph Martin betrieben, „der die deutschen klassischen Torten einfach ignoriert und macht, worauf er Bock hat.“, meint Jonas. Deshalb ist dieser Laden auch immer gut für ausgefallene Kreationen.
Auf unseren Tellern landen „Sesam-Schoko-Creme-Karamel“ und „Mohn-Schoko“ – köstlich.
Glücklich sind wir aber nicht nur wegen der Zuckerbomben, sondern auch, weil wir zwei der der wenigen Sitzplätze ergattert haben. Denn als wir wenig später weiter wollen, ist es schwierig überhaupt noch aus dem winzigen Geschäft rauszukommen, so sehr drängen sich die Nächsten schon herein.
Martins Place
Adresse: Pannierstr. 29, 10247 Berlin
Öffnungszeiten: Di – So 11- 18 Uhr
Preis: Ein Stück Torte/Kuchen ca. 3.50 Euro
Der Lieblingsshop in Neukölln
Auf dem Weg zum Lieblingskulturort kommen wir an dem kleinen alten Fotoladen „ASA 90“ vorbei. Etwas eingestaubt wirkt er, wie direkt aus den 80ern importiert. Jonas mag ihn trotzdem oder gerade deshalb. Wegen des alten Charmes und der wirklich guten Preise für Second Hand Kameras und Objektive.
Der liebste Kulturort
Was könnte das für Jonas wohl sein? Ich sag nur „Jahreskarte“. Na klar: das Kino.
Also geht es in das Yorck Kino „die PASSAGE“. Wir bewaffnen uns mit Rhabarberschorle, Baklava haben wir ja auch noch dabei und suchen uns die vermeintlich besten Plätze im schnuckeligen Minisaal.
Als der Abspann von „Paula – mein Leben soll ein Fest sein“ läuft, schmeißen wir uns unsere Jacken über und machen uns auf den Weg zum letzten Stopp von Jonas’ Tipps für Treptow und Neukölln. Die Kiez Tour neigt sich dem Ende.
Das Lieblingsrestaurant in Treptow
Jonas Tour ist clever zusammengestellt und perfekt getimed. Den letzten Stopp erreichen wir nach einem Spaziergang, pünktlich zur reservierten Zeit: die Treptower Klause. „Der Laden ist schon immer da, zumindest seit ich mich erinnern kann.“ Zu Ostzeiten war es eine Bierkneipe, in der neben dem Pils auch richtig ordentliche Bouletten aufgetischt wurden. Dann wurde die Kneipe irgendwann zum Restaurant mit ausgezeichneter deutscher Küche.
Dieser Laden versucht nicht zu prahlen. Schlichte Holztische und -stühle, keine aufwändige Deko, eine übersichtliche Karte. Dafür wird auf Qualität gesetzt und sich um das Gästewohl bemüht. Zu einer Flasche Rotwein – Colosi Nero d’Avola – bestellen wir Brezelknödel mit gebratenen Pilzen, Rahm und Salat sowie Gänsegröstl mit Kartoffeln und Salat (beides je 14.50 Euro).
Und damit machen wir alles richtig. Denn ich möchte behaupten, das sind die besten Knödel, die ich bisher gegessen habe.
Treptower Klause
Adresse: Karl Kunger Strasse 69, 12435 Berlin
Öffnungszeiten: Mi – Sa 18 – 22.30 Uhr, Sonntag 17 – 21.30 Uhr
So geht eine wirklich gelungene Kieztour zu Ende. Doch bevor ich meinen glücklich gefüllten Bauch nach Hause trage, muss mir Jonas noch die letzten Fragen beantworten.
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Was ist für dich typisch Berlin?
„Andere in Ruhe lassen.“ Hier kann jeder sein Ding machen und selbst wenn sich jemand nackt in die Bahn setzt und dabei noch jongliert, der Berliner wird vermutlich nur einmal hinschauen und sich dann nicht weiter dafür interessieren. Jonas überlegt kurz und ergänzt: „‚Kann man nicht meckern’, das ist in Berlin die höchste Form der Anerkennung“
Was könnte Berlin besser machen?
„Wenig, deshalb bin ich ja noch hier.“ Jonas meint, die Dinge würden sich ja entwickeln, manchmal langsam, aber irgendwie entwickelt es sich immer weiter und wird besser.
Letzte Frage: Wenn man nur einen Tag in der Stadt hat, was sollte man sich nicht entgehen lassen?
Im Winter empfiehlt Jonas allen Berlinbesuchern wenigstens ein kleines Stückchen des historischen Berlins zu Fuß zu besuchen. Dann ab in den 100er-Bus und sich einmal durch die Stadt zum Bikinihaus kutschieren lassen. Nach einem kleinen Bummel durch die Concept Shopping Mall geht es weiter zur benachtbarten Monkey Bar, wo man mit einem Gin Tonic in der Hand den Blick über die Stadt genießen kann. „Ich schaue einfach gern über die Stadt“ meint Jonas und kommt so auch schon zu seiner Sommerempfehlung, dem Klunkerkranich, eine Roof Top Bar in Neukölln. „Hier sind immer lustige Leute und die Stimmung ist auch super entspannt.“ Ist man zufällig an einem Donnerstag in der Stadt, so darf man den Street Food Thursday auf keinen Fall verpassen. In der Markthalle neun kann man sich dann durch die coolsten Leckereien der Stadt schlemmen.
Ich habe zur besseren Übersicht Jonas‘ Tipps für Treptow und Neukölln in eine Karte gepinnt.
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Und nicht vergessen: schaue dir hier auch die Kieztouren zum Friedrichshain und zum Prenzlauer Berg an.
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