Das erste „Ah, wow“ entweicht uns unweigerlich, sobald wir dem Thüringer Wald näherkommen. Die intensive Laubfärbung, die wir im Herbst hier erleben, schüttet sofort Endorphine aus! Egal ob wir während unserer drei Tage in Thüringen wandern oder mit dem Auto unterwegs sind: Überall um uns herum leuchten die Bäume in intensivem gelb und rot. In Kanada bezeichnet man dieses verzaubernde Phänomen als Indian Summer, der Touristenströme nur so anzieht. Wer in Thüringen wandern geht, genießt traumhafte Pfade unter raschelndem Herbstlaub fast ganz allein.
Während wir in Thüringen wandern, durchstreifen wir auf schmalen Wegen fast unberührte Natur, tauchen in die Geschichte ein und schlemmen uns durch die Küche der Region. Wir treffen ehemalige Bergmänner, Ranger und Einheimische, die uns ihre ganz persönlichen Geschichten erzählen. Für dich haben wir die schönsten Routen, spannendsten Fakten und die atemberaubendsten Aussichtspunkte gesammelt.
Die wichtigsten Infos zum Thüringer Wald – FAQ
Wo liegt der Thüringer Wald?
Der Thüringer Wald liegt im Süden des Bundeslandes und zählt zu den größten zusammenhängenden Waldgebieten Deutschlands. Die Region erstreckt sich über 150 km zwischen Eisenach und Saaletal. Typisch für die Landschaft sind sanfte Gebirgszüge, dichte Buchen- und Fichtenwälder und weite Täler. Ein großer Teil des Gebirges gehört zum UNESCO-Biosphärenreservat Thüringer Wald.
Wo kann man im Thüringer Wald am besten Wandern?
Der bekannteste Wanderweg ist der Rennsteig, der über den Kamm des Thüringer Waldes und Schiefergebirges verläuft. Auch abseits des berühmten Fernwanderwegs findest du traumhafte Pfade zum Wandern in Thüringen wie den Hohenwarte-Stausee-Weg mit herrlichen Ausblicken auf die Saale. Fast unberührte Natur hat das Biosphärenreservat Thüringer Wald zu bieten, wo zwischen hohen Buchen und Fichten ein vielseitiges Wegenetz verläuft.
Welche Orte im Thüringer Wald sind am schönsten?
Zu den schönsten Orten im Thüringer Wald zählen der Kurort Bad Liebenstein mit dem Schloss Altenstein und dem riesigen Park Altenstein mit über 20 km Wanderwegen. Der Ort war einst Sommerresidenz der Herzöge und hat seinen altehrwürdigen Charme bis heute erhalten. Ein guter Ausgangspunkt, um das Biosphärenreservat Thüringer Wald zu erkunden, ist Frauenwald bei Ilmenau, eingebettet zwischen einsamen Wäldern und Wiesen. Vom charmanten Ziegenrück am Thüringer Meer kannst du die Gegend rund um den Hohenwarte-Stausee erkunden und genießt beim Wandern herrliche Ausblicke auf die Saale.
Wann ist die beste Reisezeit für den Thüringer Wald?
Der Thüringer Wald hat zu jeder Jahreszeit seinen Reiz: Im Frühling erwacht die Natur zum Leben und die Wiesen stehen in voller Blüte. Im Sommer bieten die dichten Wälder angenehmen Schatten, während sich im Herbst das Laub zauberhaft verfärbt. Der Winter lockt mit vielfältigen Angeboten wie Skifahren, Schneeschuhwandern oder Langlaufen.
5 Spots zum Wandern im Thüringer Wald (mit Karte)
„Von A nach Wow wandern“ – so lautet das Motto beim Wandern in Thüringen. Zwischen Werra und Saale führt nicht nur der bekannte Rennsteig durch Thüringen, sondern auch unzählige weitere fantastische Wanderwege. Wo fängt man bei der großen Auswahl an? Wir haben uns für den Thüringer Wald entschieden und der allein hat schon unfassbar viele schöne Ecken zu bieten.
Raus aus dem Alltag und rein in die Wanderschuhe – denn im Thüringer Wald wartet das pure Wanderglück.
Drei Tage hatten wir Zeit und für die haben wir uns folgende Spots vorgenommen:
- Bad Liebenstein mit seinem weitläufigen Altensteiner Park
- Das unberührte Vessertal im UNESCO Biosphärenreservat Thüringer Wald
- das idyllische Ilmenau-Frauenwald zur Wildtierbeobachtung
- den Schieferpark Lehesten, wo bis in die 90er das hochwertige Gestein abgebaut wurde und wo sich die Natur heute ihren Raum zurückholt
- den Hohenwarte-Stausee–Weg entlang der Saale, der unfassbar tolle Ausblicke bereithält und der uns ins romantische Kleinod Ziegenrück mit historischen Fachwerkhäuschen führt
Bad Liebenstein: Wandern in Thüringen zwischen Schlossromantik und mystischen Wäldern
Der Kurort Bad Liebenstein liegt im Wartburg-Kreis rund 70 km westlich von Erfurt und lässt Wanderherzen höherschlagen.
Hier bist du auf den Spuren Martin Luthers unterwegs, während du durch uralte Buchenwälder streifst. Der älteste Kurort Thüringens zog einst Adel und Gelehrte an und war im 19. Jahrhundert prunkvolle Sommerresidenz der Meininger Herzöge. Von dieser Blütezeit erzählen noch heute traditionsreiche Gebäude wie das Palais Weimar, die Wandelhalle oder das Comödienhaus. Highlight in Bad Liebenstein ist jedoch der weitläufige Altensteiner Park mit dem gleichnamigen Schloss, welches mit seinem charmanten Stil so auch in England stehen könnte.
Der Altensteiner Park – Von Abenteuer bis Märchenhaft
Der Altensteiner Park zählt zu den größten Landschaftsparks Deutschlands und ist ein wahres Paradies für alle, die in Thüringen wandern wollen und dabei Natur und Geschichte verbinden möchten.
Mit 160 Hektar ist er in etwa so groß wie 220 Sportplätze. Nur mal kurz spazieren gehen? Von wegen: Über 20 km Wanderwege schlängeln sich durch die Parkanlage mit ihrem Schloss und den dichten Wäldern, wo Natur, Architektur und Gartenkunst eine faszinierende Symbiose bilden. Während der innere Park mit dem Blumenteppich, den gepflegten Wiesen, prachtvollen Mammutbäumen und den historischen Gebäuden zum flanieren und träumen anregt, weckt der äußere Park bei Abenteurern Lust, auf einsamen Pfaden auf Entdeckungstour zu gehen.
Also warum nicht erst selbst auf Entdeckungstour durch die Wälder gehen und anschließend noch was zur Geschichte des hübschen Schlößchen hören?
Führungen im Inneren Altensteiner Park
Gemeinsam mit Parkführerin Jana Birken tauchen wir ein in die bewegte Geschichte des Ortes, der mit großen Namen verbunden ist: 1521 wurde hier Martin Luther zum Schein gefangen genommen und auf die Wartburg gebracht. In den 1890ern residierte der Komponist Johannes Brahms im Schloss und bereits 734 soll der Heilige Bonifatius am gleichnamigen Felsen gepredigt haben. Letzteres ist zwar eher Legende, doch der Aussichtspunkt trägt bis heute seinen Namen.
Auch wenn der Park und sein Schloss einen altehrwürdigen Charme versprühen und auf eine reiche Geschichte zurückblicken, ist der Altensteiner Park in seiner heutigen Form noch jung: 1982 brannte das Schloss fast vollständig ab. Jana erinnert sich noch genau an den Tag, als in der Stadt alle riefen: „Der Altenstein brennt!“
Erst 2017 wurde das Schloss zunächst wieder teilweise geöffnet und zur Bundesgartenschau 2021 erlebte der Park als Außenstelle eine neue Blütezeit. Derzeit finden noch letzte Renovierungsarbeiten am Schloss statt – die komplette Wiedereröffnung ist für Herbst 2027 geplant.
Bei einer Führung erfährst du all das und noch viel mehr!
Meine Lieblingsspots im Altensteiner Park
Bonifatius-Felsen
Mein persönlicher Lieblingsort ist ganz klar der Bonifatius-Felsen. Vom Aussichtspunkt eröffnet sich ein bilderbuchhaftes Panorama auf das Schloss und die detailreich gestalteten Beete, während der Blick in der Ferne ins obere Werratal schweift. Auch unsere Parkführerin Jana meint:
„Der Blick vom Bonifatius-Felsen ist ein absolutes Juwel.“
Das Morgentor zum Sonnenaufgang
Ein komplett anderes Bild zeigt sich vom Morgentor Plateau. Dieses liegt im äußeren Park. Nicht umsonst trägt es seinen Namen, denn von hier aus kann man herrliche Sonnenaufgänge beobachten.
Also unbedingt früh aufstehen und zum Morgentor gehen. Während Bad Liebenstein noch verschlafen im Tal liegt, geht hier oben in aller Stille die Sonne über dem Thüringer Wald auf.
In der Ferne sieht man grasende Schafe auf einer Wiese, ihr Blöken hallt leise durch die Weite. Und auf der Nachbarwiese hat jemand ein Herz ins Gras gemäht – welch schönes Detail, das uns so richtig positiv für den Tag stimmt.
Mystische Orte in Bad Liebenstein: Rundweg zur Burgruine und Felsentheater
Doch Bad Liebenstein hat neben dem Altensteiner Park noch ein weiteres Highlight für uns parat. Direkt vom Stadtrand führen Wanderwege hinauf zur Burgruine und dem Felsentheater – zwei historische, verwunschene Orte mitten im alten Buchenwald.
Burgruine Liebenstein
Wir laufen von unserer Unterkunft, dem Hotel Kaiserhof los. Der Weg führt direkt bergauf und bereits nach wenigen Minuten öffnet sich der Blick auf eine schöne Panoramasicht von Bad Liebenstein, bevor wir wieder in den Wald eintauchen.

Die klare Luft und das raschelnde Laub während wir in Thüringen Wandern, erinnern mich an goldene Herbsttage in meiner Kindheit. Nach etwa 2 Kilometern öffnet sich der Wald und auf einer Lichtung erhebt sich die Burgruine Liebenstein.
Die ehemalige Burg stammt aus dem 14. Jahrhundert und war einst Sitz der Herren von Liebenstein. Heute ist sie ein beliebtes Ausflugsziel mit Picknicktischen.
Das Felsentheater
Unser Weg führt uns um die Burgruine herum. Dann geht es einige Minuten durch den dichten Wald und schon tut sich der nächste verwunschene Spot auf: Das Felsentheater.
Efeu rankt wie Lianen die moosbedeckten Felsen der Höhle hinunter. Diese ist von zwei steilen Steintreppen eingerahmt, die hinauf und hinab in den Wald führen. Auf dem Plateau stehen drei mächtige Buchen, die diesen Platz schon lange bewachen zu scheinen. Als wäre das nicht schon Idylle genug, flattert eine Fledermaus durch die Felsen, an uns vorbei.
Was für eine magische Atmosphäre. Wir halten einen Moment inne, lauschen den herabfallenden Blättern und dem Wind, der sanft durch die Bäume streift. Denn im Felsentheater herrscht eine fabelhafte, klare Akustik – probiere es selbst unbedingt aus. Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie hier einst Vorführungen des Meininger Hoftheaters stattfanden.
Tipp: Wenn du deine Wandersmahlzeit nicht schon an der Burgruine genossen hast, laden im Felsentheater drei Bänke zwischen den alten Buchen zum Verweilen ein. Im Sommer ist das auch ein herrlich schattiges kühles Pätzchen.
Lokale Leckeren in Bad Liebenstein
Regional gebrautes in der Stupps Brauerei
Vom zarten Duft frisch gefallenen Laubs im Wald rund um den Altensteiner Park geht es für uns weiter zum herben Aroma von Malz und Hopfen: Nur wenige Kilometer weiter in Steinbach, einem Ortsteil von Bad Liebenstein.
In der ehemaligen Messerfabrik, die heute als Werkshalle der Stupps Brauerei fungiert, kann man bei einer Führung mehr über die lokale Brauerei erfahren oder von Donnerstag bis Samstag im Werksverkauf shoppen.
13 unterschiedliche Sorten produziert Stupps. Der Klassiker ist das Original, welches geschmacklich zwischen dunklem Pils und hellem Lager liegt und dessen Rezept noch aus den Anfangszeiten der Brauerei stammt. Auch das Rotbier mit seinem fruchtigem Malzaroma liegt hoch im Kurs, ebenso die Sorte Dunkel mit feinen Karamellmalz- und Röstaromen.
Das Bier von Stupps kannst du sowohl im werkseigenen Verkauf als auch in regionalen Supermärkten kaufen und dir damit ein Stück Thüringens mit nach Hause nehmen. Übrigens: Steffen Stupp betreibt auch das Restaurant Bierfein in der Innenstadt von Bad Liebenstein – ein Paradies für Bierfans und Foodies!
Restaurant Bierfein in Bad Liebenstein
Im Bierfein ist der Name Programm – Das Restaurant ist DIE Adresse für feines gehobenes Essen und Getränke. Aus der größten Zapfsäule Thüringens fließt das hauseigene Stupps Bier. Serviert werden dazu ausgefallene Speisen sowie Klassiker der thüringischen Küche, die hier neu interpretiert werden.
Neben köstlichen Fleisch- und Fischgerichten kommen auch Vegetarier bei den modernen Kreationen voll auf ihre Kosten. Hast du schonmal Avocado-Pommes probiert? Wenn nicht – unbedingt hier nachholen. Gerichte wie Rehrücken mit Rosenkohllaub, Waldpilz-Kartoffelnest und cremiger Rotweinzwiebel klingen so verführerisch wie sie schmecken. Als Gast verzweifelt man dann spätestens bei der Wahl der Speisen, wenn man einen Blick auf die Dessertkarte wirft. Angesichts der leckeren Auswahl, heisst es strategisch schlau zu entscheiden, um möglichst viel probieren zu können.
Auch die Cocktailkarte mit vielen Eigenkreationen zeigt, dass man seine Gäste bis ins Detail begeistern will. Ob hauseigene Eiswürfel aus Rotbier, geräucherte Getränke oder aufwändige Obstdeko – hinter der Bar lässt man sich immer wieder etwas Neues einfallen.
Diese Liebe für’s Detail geht auch im Service weiter. Du merkst, wir sind begeistert und das Bierfein unsere Foodie-Empfehlung von Herzen.
Übernachten in Bad Liebenstein
Nach so einem herrlichen Wandertag und den Schlemmereien am Abend, setzt die Bettschwere ein. Doch wo übernachten in Bad Liebenstein?
Das altehrwürdige Kulturhotel Kaiserhof ist die Antwort. Als Spa- Hotel mit Sauna- und Wellnessbereich ist es ein Ort zum Wohlfühlen. Noch dazu liegt es direkt am Waldrand und ist damit perfekt zum Wandern in Thüringen.
Die Zimmer sind großzügig gestaltet und der Speisesaal des historischen Hotels verströmt den Charme vergangener Kurzeiten. Hohe Decken, und Kronleuchter schaffen eine gediegene Atmosphäre, bei der du feine regionale Küche auch mit vegetarischen Optionen genießen kannst. Morgens erwartet dich ein reichhaltiges Frühstücksbuffet mit Brötchen, Müsli, Eiern und frischem Obst – perfekt, um in den Tag zu starten.
Vessertal: Thüringen Wandern zwischen sanften Tälern und alten Wäldern
Unser kleiner Roadtrip durch den Thüringer Wald führt uns am nächsten Tag weiter von Bad Liebenstein nach Vesser. Der Ort liegt direkt am Rennsteig – doch nicht nur auf dem bekannten Höhenweg kannst du die sanften Hügel und weiten Täler der Region beim Thüringen Wandern erkunden. Das Städtchen im Thüringer Wald bietet zu allen Jahreszeiten schöne Erlebnisse inmitten der Natur. Im Herbst haben uns hier die Buchenwälder mit ihrer Laubverfärbung verzaubert und das angrenzende Biosphärenreservat Thüringer Wald beschert uns Einblicke in eine einsame Natur.
Unberührte Natur im Vessertal
Für unsere heutige Wanderung treffen wir uns mit Matthias Hellner im Vessertal in der Nähe von Ilmenau-Frauenwald. Er ist seit 1999 Ranger im UNESCO Biosphärenreservat Thüringer Wald und zeigt Besuchern wie Einheimischen die Schätze entlang der Kernzone. Die Kernzone ist jener Bereich im Biosphärenreservat, der sich selbst überlassen wird. Das Betreten ist verboten, es findet keine Forstarbeit statt und die Natur darf hier ihren natürlichen Lauf nehmen. Während man auf den offiziellen Wegen durch das Vessertal wandert, kann man links und rechts einen Blick in diese ursprünglichen Gebiete werfen.
Eine Wanderung für alle Sinne
Wir starten unsere Wanderung mit schöner Weitsicht am Wohnmobilstellplatz oberhalb des Ortes Vesser. Ein Pfad schlängelt sich zunächst durch feuchte Wiesen entlang einer Pferdekoppel leicht bergab in den Wald hinein. Einer der vielen Bachläufe im Vessertal entspringt an der Wiese und begleitet uns plätschernd beim Wandern hier in Thüringen. Im Frühling, schwärmt Matthias, blühen hier Orchideen sowie die leuchtend gelbe Arnika und der Wald riecht unglaublich intensiv nach frischem Grün.
Aber auch im Herbst ist unsere Wanderung im Biosphärenreservat Thüringer Wald ein Erlebnis für alle Sinne. Immer wieder zupft Matthias am Wegrand Pflanzen ab und lässt uns den Wald riechen und fühlen.
Der feingefiederte Bärwurz auf der weitläufigen Wiese erinnert optisch an Dill und verstreut einen intensiv-würzigen Geruch. Zwischen dem Herbstlaub drückt sich Waldmeister durch, den uns Matthias für die Hosentasche mitgibt. Denn erst nachdem er etwas angewelkt ist, kommt das Aroma durch, erklärt uns der Ranger. Am liebsten mag ich jedoch den zitronigen Duft der Douglasie, einem seltenen Nadelbaum. Die ätherischen Öle, die für den intensiven Geruch sorgen, erinnern mich an wohlige Badeöle und rufen bei mir ein Gefühl der Entspannung und Ruhe hervor.
Unberührte Natur in der Kernzone
Nachdem wir den Bach Vesser überquert haben, nach dem das Tal benannt ist, betreten wir die Kernzone des Biosphärenreservats. Während wir durch den herrlich verfärbten Buchenwald wandern, warnt ein Eichelhäher mit seinen lauten Rufen. Das Biosphärenreservat Thüringer Wald ist auch Heimat des Schwarzspechts, dessen Singsang uns immer wieder begleitet.
Wenig später verlassen wir die Kernzone und stehen vor einer Waldwiese mit herrlicher Aussicht. Eine Rabenkrähe ruft und ein paar Vögel singen – aber sonst Stille. Matthias kramt sein Fernglas hervor und beobachtet die Krähe auf der Lichtung. Ich finde es einfach unglaublich faszinierend, wie viele Sinneseindrücke und Wissen wir bei dieser Wanderung von Matthias mitnehmen.
Restaurant Blickfang
Nach so viel frischer Luft meldet sich der Mittagshunger. Wie gut, dass das Restaurant Blickfang bei Schmiedefeld nur eine kurze Autofahrt entfernt ist. Hier erwartet uns nicht nur ein fantastischer Ausblick ins Grüne, sondern auch köstliche Speisen, die saisonal wechseln. Herbstliches Kürbisrisotto, Wildbraten mit Rotkohl und Klößen oder doch lieber Zucchini-Pasta? Klingt alles super und die Entscheidung fällt schwer.
Die Kuchentheke wird zur zusätzlichen Herausforderung. Denn die hausgemachten Torten sehen allesamt einfach köstlich aus. Also süß oder herzhaft? Am Ende fiel meine Wahl auf das Pasta mit hausgemachtem Pesto, getrockneten Tomatensplittern und Rucola . Beim nächsten Mal sind dann die Kuchen dran!
Frauenwald: Ganz nah dran bei der Wildtierbeobachtung
Nach unserer Wanderung durch’s Vessertal packen wir Kamera samt Teleobjektiv und Fernglas ein – denn am späten Nachmittag wartet ein ganz besonderes Erlebnis auf uns: Die Wildtierbeobachtung bei Frauenwald. Wenn du in Thüringen wandern gehst, entdeckst du bestimmt Tierspuren am Wegesrand. Doch meist lassen sich die scheuen Bewohner des Waldes nicht blicken.
Bei einer geführten Wildtierbeobachtung hingegen, hast du die Chance Rotwild aus der Nähe zu beobachten.
Rotwild ganz nah
Am Parkplatz treffen wir Mario, der die Wildtierbeobachtung bereits seit 22 Jahren anbietet. Er führt uns in den Wald hinein zu einer großen, wettergeschützten Beobachtungskanzel am Rande einer Lichtung. Zu unserer Überraschung wartet in der Nähe bereits ein ganzes Rudel Rotwild. Die bekommen hier ihre Leckerlies, sagt Mario.
Während er mit strammen Gang und einer Schubkarre voller Äpfel, Rüben und Getreideschrot über die Lichtung läuft und das Futter verteilt, machen wir es uns in der überdachten Kanzel bequem. Es dauert nicht lange, bis das Rudel näher kommt und sich über das Futter hermacht.
Einblick ins Rudel-Leben
Das Rudel besteht hauptsächlich aus weiblichen Tieren, die nach der Brunftzeit im Herbst zusammenleben. Meist sind bei der Wildtierbeobachtung zu dieser Jahreszeit um die 20 Tiere zu sehen. Heute zählen wir 22 Hirschkühe und einen Junghirsch, der von den Damen noch geduldet wird. Doch er hat es nicht leicht im Sozialverband. Immer wieder wird er von den Hirschkühen verscheucht und in die Schranken gewiesen.
Untereinander geht es bei den Hirschkühen lebhaft zu – hier wird ein wenig gekabbelt, dort liebevoll geschnuppert oder das Fell geleckt. Teil des Rudels ist auch ein sehr junges Kalb – ein waschechtes Bambie, das noch die typischen weißen Flecken besitzt, einfach zu niedlich.
Ein besonderer Moment
Der Wind weht durch die Baumwipfel, es fängt leicht an zu nieseln und etwas Nebel setzt sich in der Lichtung fest. Genau die passende Stimmung für einen großen Auftritt: Ein etwa 13-jähriger Hirsch mit einem beeindruckenden Geweih tritt zwischen den Bäumen hervor.
Der Spießer (Junghirsch unter einem Jahr) räumt das Feld und der Bulle nähert sich. Auch er traut sich sehr nah an die Beobachtungskanzel und macht sich über eine Rübe her.
Eine Einführung in die Jägersprache
Eine ganze Weile schauen wir dem Rotwild beim Fressen zu, während Mario uns viel Wissenswertes erzählt. Wir erhalten eine kleine Einführung in die Jägersprache, eine sehr bildliche Sprache, in der sich die Jäger miteinander austauschen. Dass mit Lauscher die Ohren gemeint sind, kann man sich noch denken. Aber was ist ein Schmaltier oder ein Windfang? Mario klärt uns auf: Ein Schmaltier ist eine Hirschkuh im zweiten Lebensjahr, die noch nicht gekalbt hat und ein Windfang bezeichnet die Nase der Tiere. Wir erfahren auch, dass Rotwild extrem viele Geruchssensoren besitzt – um ein Vielfaches mehr als wir Menschen.
Zum Übernachten und Schlemmen: Hotel und Restaurant Waldfrieden
Nach unserem erlebnisreichen Tag fühlen wir uns im Gasthaus Waldfrieden sofort willkommen, als uns Chef Erik persönlich begrüßt. Die familiär geführte Unterkunft liegt ruhig und doch zentral im Ortsteil Frauenwald. Vom geräumigen Zimmer schweift der Blick hinaus ins Grün der Fichten und Buchen und macht aus der Unterkunft einen erholsamen Ort zum Entspannen.
Abends bietet das Restaurant eine vielseitige Speisekarte und exzellenten Service – hier serviert der Chef noch persönlich. Fleischliebhaber kommen voll auf ihre Kosten, denn Steaks, Rippchen & Co werden direkt auf dem zentral stehenden Kamin im Gastraum frisch gegrillt. Aber auch Optionen für Vegetarier, wie eine schmackhafte Linsen-Süßkartoffelsuppe weiß Erik und sein Team zuzubereiten. Morgens verwöhnt dich die Küche mit leckerem Frühstück, unter anderem mit Kefir aus eigener Herstellung und hausgemachten Kräuterquark sowie frischem Brot und Brötchen.
Schieferpark Lehesten: Erstaunliche Geschichte und Natur auf dem Vormarsch
Nach so viel zauberhaften Momenten im Wald führt uns unser nächster Stopp in eine ganz andere Welt. Wir besuchen ein ehemaliges Schieferabbaugebiet, den Staatsbruch in Lehesten. Hier wurde bis 1999 hochwertiger Schiefer abgebaut – oder wie man das Gestein hier nennt: Das blaue Gold Thüringens.
Auch wenn der Tagebau längst stillgelegt ist, hat dieser rund um Lehesten markante Landschaftsstrukturen hinterlassen. Noch heute prägen Schieferhalden und dunkelblaue Schieferdächer die Umgebung, während aus dem Tagebaugebiet selbst ein Naturschutzareal entstanden ist.
Führung durch den Staatsbruch Lehesten: Auf den Spuren des blauen Goldes
Um mehr über die Geschichte des Schieferabbaus zu erfahren, treffen wir vor Ort Peter Langbein am Technischen Denkmal historischer Schieferbergbau Lehesten. Er ist am Tagebau aufgewachsen, denn schon seit Vater und später er selbst haben hier gearbeitet. Er ist somit ein echter Zeitzeuge und erzählt uns nicht nur eine Menge wissenswertes über den Schieferabbau, sondern auch viele persönliche Anekdoten.
Im Freilichtmuseum des Technischen Denkmals in Lehesten lässt sich die Produktionskette vom Abbau bis zur Verarbeitung des Schiefers hautnah erleben. In den verschiedenen historischen Anlagen und Gebäuden wie der Kompressorstation, der Göpelschachtanlage oder der Doppelspalthütte sind viele Originalmaschinen erhalten geblieben. Für mich fühlt sich der Rundgang wie eine Zeitreise an, die Peter mit seinen Geschichten lebendig macht.
Einblicke in den Tagebau zwischen schweren Maschinen und harten Arbeitsbedingungen
Die Führung beginnt in der Doppelspalthalle, wo wir zunächst einen Film mit Originalaufnahmen aus den Stollen unter Tage sehen. Die Arbeitsbedingungen waren hart, der Abbau schwere Knochenarbeit und Schutzausrüstung spärlich. Was für uns heute kaum vorstellbar ist, war damals Realität.
Weiter geht es zur Kompressorstation, in der Luft für die schweren Arbeitsmaschinen erzeugt wurde. Hier steht auch ein 30 Kilogramm schwerer Presslufthammer, mit dem die Hauer einst den Schiefer aus dem Gestein hämmerten. Plötzlich ertönt ein ohrenbetäubendes Dröhnen: Peter hat die alte Kompressormaschine eingeschaltet. Der Lärm ist überwältigend – kaum zu glauben, dass hier früher drei dieser Maschinen gleichzeitig liefen.
In der Göpelschachtanlage wird der Wandel der Technik deutlich – das Gebäude ist wie eine Zeitmaschine: Die um 1850 gebaute Fördermaschine wurde zunächst durch Pferde angetrieben, die in dem runden Gebäude im Kreis liefen. Mit der Förderanlage wurde Gestein aus der Tiefe in Förderkörben hinaufgebracht. Um 1900 wurden die Pferde dann durch mechanischen Antrieb abgelöst. Die Maschine hat fast 100 Jahre gearbeitet, erklärt Peter stolz, während er einen Schalter umlegt und die Maschine mit einem Ruck zum Leben erwacht.
Die Verarbeitung des Schiefers: Eine präzise Handarbeit
Zurück in der Doppelspalthütte demonstriert Peter live, wie früher der Schiefer weiterverarbeitet wurde. Mit geübtem Schlag spaltet er einen Brocken Schiefer in hauchdünne Platten und schneidet ihn anschließend zu. All das ist – wie der komplette Abbauprozess – mühevolle und präzise Handarbeit. Die Dachziegel wurden nur per Augenmaß zugeschnitten und die Winkel und Längen mussten exakt stimmen. Wir hatten den besten und teuersten Schiefer, erzählt Peter währenddessen stolz. Das blaue Gold war auch in der BRD sehr begehrt und wurde zum Großteil dorthin exportiert.
Zum Schluss fahren wir mit Peter noch zum Förderturm (Schacht IV) des alten Tagebaus, der etwas abseits der restlichen Ausstellungsgebäude liegt. Vom Ufer des heute gefluteten Tagebaus schweift der Blick über das Naturschutzgebiet und den Staatsbruch mit der senkrecht abfallenden Steinbruchkante, die in der Sonne funkelt.
Rundweg um den Schiefersee Lehesten
Wer nach der Führung noch etwas Zeit mitbringt, sollte den Rundweg um den See nicht verpassen. Beim Spaziergang um das Gewässer verspürt man das Echo der Zeit und die Gegensätze: Geschichte trifft auf Gegenwart, Natur auf ehemalige Industrie. Zu sehen, wie Pflanzen und Tiere das Gebiet zurückerobern und so eine ganz neue Landschaft erschaffen wurde, ist einfach faszinierend. Seit 2001 ist der Staatsbruch Naturschutzgebiet mit über 100 Hektar an Lebensräumen für seltene Moose und Flechten, Mauerseglern, Schwarzstorch-Familien oder Uhus. Der Rundweg ist leicht begehbar und führt über befestigte Wege vorbei an mehreren Aussichtspunkten mit Blick auf den See und die imposanten Bruchkanten.
Ziegenrück: Unterwegs am Thüringer Meer
Der letzte Stopp unserer Reise führt uns ans Thüringer Meer, dem größten zusammenhängenden Stauseegebiets Deutschlands. Die Saale wurde in den 1930ern mit insgesamt fünf Stauanlagen aufgestaut, wodurch heute eine reizvolle, fjordartige Landschaft im Saaletal entstanden ist. Wenn du an diesem herrlichen Fleck in Thüringen wandern gehst, erwarten dich imposante Panoramablicke und abwechslungsreiche Naturpfade. Besonders eindrucksvoll ist der Hohenwarte-Stausee-Weg, der 2025 zum viertschönsten Wanderweg Deutschlands gekürt wurde.
Idyllisches Ziegenrück
Unser Ausgangspunkt für den letzten Tag ist das beschauliche Ziegenrück, die fünftkleinste Stadt Deutschlands mit gerade einmal rund 620 Einwohnern. Eingebettet zwischen Bleiloch- und Hohenwartetalsperre liegt der Ort malerisch an der Saaleschleife. Im kleinen, aber charmanten historischen Stadtkern zeugen Gebäude wie die Kirche aus dem 13. Jahrhundert, das Rathaus aus dem 16. Jahrhundert und das alte Pfarrhaus von der langen Geschichte des Ortes.
Wandern auf dem Hohenwarte-Stausee-Weg
Ziegenrück liegt direkt am Hohenwarte-Stausee-Weg, von dem wir heute ein kleines Stück laufen. Der Fernweg führt auf insgesamt 75 km komplett um die aufgestauten Kaskaden der Saale und lässt sich in fünf Etappen mit einer Länge von jeweils ca. 14-18 km begehen. Unsere Wanderung ist Teil der zweiten Etappe, die von Wilhelmsdorf bis Ziegenrück führt. Wir steigen etwa auf der Hälfte ein und starten in Linkemühle, wo uns ein Shuttle vom Hotel aus hinbringt.
Zwischen Buchenwäldern und Ausblicken auf die Saaleschleife
Wir laufen an der Saale am Hang eines Mischwaldes entlang. Unter unseren Füßen raschelt das goldene Herbstlaub. Am gegenüberliegenden Flussufer ragen dunkelgrüne Fichten empor, die einen schönen Kontrast zum verfärbten Wald geben. Immer wieder öffnen sich zwischen den Ästen Ausblicke auf die glitzernde Wasserfläche.
Der Weg führt stetig bergauf, bis wir den Aussichtspunkt an der Saaleschleife erreichen, wo eine Pausenbank mit herrlichem Panorama auf uns wartet. An anderen Orten dieser Welt, müsste man sich solch einen Ausblick mit Besuchermassen teilen. Nicht jedoch beim Wandern im Thüringer Wald, hier sind wir ganz allein.
Wow – wie schön kann Wandern in Thüringen bitte sein?
Nach der Rast geht es gemächlich bergab Richtung Ziegenrück. Am Wegesrand steht die kleine Schutzhütte Reißertsruh, die einen weiteren Ausblick für uns parat hat, diesmal allerdings Stadtseits.
Wenig später erreichen wir Ziegenrück, Zeit einzukehren!
Übernachten und Genießen im Hotel- und Restaurant Zur Fernmühle
Wir übernachten heute im sehr ruhig gelegenen Hotel Zur Fernmühle an einem kleinen Abzweiger der Saale in Ziegenrück. An der Hausfassade ranken Weinreben und die hellen, modern eingerichteten Zimmer sind nach verschiedenen Weinsorten benannt. Vom Fenster blickt man auf die Saale, wodurch direkt Urlaubsfeeling und Entspannung aufkommt.
Das Hotel bietet auch ein hauseigenes Restaurant. In der gemütlichen Stube mit Gewölbebögen kannst du nachmittags selbstgemachten Kuchen und frische Waffeln genießen. Abends wird’s deftig – auf der Speisekarte steht regionale Hausmannskost, leckere Salate und Suppen bieten leichte Abwechslung.
Der Terrassen- und Gartenbereich laden zum Verweilen ein und bieten zur warmen Jahreszeit eine idyllische Ruhe direkt am Wasser.
Mein persönliches Fazit – Wandern in Thüringen
Ich muss ehrlich zugeben: Thüringen hat mich überrascht. Während PASSENGER-X Gründerin Nicole schon öfters in der Region unterwegs war, ist es für mich mein erster Thüringen-Wander-Urlaub.
Reisen bildet, wie man so schön sagt. Und für diesen Urlaub in Thüringen stimmt das wirklich: Ich habe viel Wissenswertes über den Wald gelernt, faszinierende Menschen getroffen und gemerkt, wie eng Natur, Kultur und Geschichte miteinander verwoben sind. Besonders der Besuch im Schieferpark Lehesten hat mich bewegt: Wo einst hart gearbeitet wurde, erobert die Natur das Areal heute wieder zurück und erinnert mich mit dieser Parallele ein wenig an meine Heimat, das Ruhrgebiet.
Zwischen unberührten Wäldern, historischen Burgen und Schlössern, alten Schieferbrüchen, glitzernden Stauseen und charmanter Architektur habe ich eine wunderschöne Destination für einen abwechslungsreichen Urlaub entdeckt. Und ich habe mal wieder festgestellt: Oft ist es dort am schönsten, wo man es am wenigsten erwartet – fernab von gehypten Instaspots und trendigen Reisezielen hat der Thüringer Wald mich in den Bann gezogen. Bis Bald, wunderschönes Thüringen!
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Es muss nicht immer in die Ferne gehen – auch mitten in Deutschland gibt es großartige Hotels, tolle Outdoor Abenteuer und viel Neues zu entdecken. Thüringen bietet mit seinen vielen Wäldern, historischen Städten und seiner Wasserwelt, alles was es braucht. Lass dich von unseren Thüringen Geheimtipps für Ausflüge und Aktivitäten überzeugen.
CO BLOGGERIN
Janine Raddue
Ob Europa oder Fernreise, Städtetrip oder Outdoorurlaub – Die Reisepläne von Weltenbummlerin Janine sind ein Mix aus Natur, Kultur und Action. Mit Neugierde im Gepäck entdeckt sie dabei fremde Kulturen.
Ihr größtes Abenteuer? Drei Monate alleine mit dem Backpack durch Südamerika. Die nächsten Reisepläne für den faszinierenden Kontinent stehen auch schon. Doch auch in Europa hat die reiselustige Globetrotterin noch einiges vor.
Fun Fact: Neben Souvenirs landen reichlich Rezepte in ihrem Reiserucksack. Ihr Herzensprojekt – ein peruanisches Kochbuch – steckt gerade in den Kinderschuhen.



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