Die klassischen Ecken Berlins, jene, die in jedem Reiseführer empfohlen werden, kennst du schon? Du willst das gediegene Berlin kennenlernen? Dann sind diese Zehlendorf Tipps für dich!
Ein besonderer Protagonist
Heute wird es besonders spannend, denn dieser Artikel ist anders als meine anderen. In der „Mein Berlin“-Serie treffe ich Berliner, die mir ihre Lieblingsspots im Kiez zeigen. Gemeinsam verbringen wir einen Tag, starten meist mit dem Frühstück und während wir das Interview für die Serie führen, wird viel gelacht und natürlich auch über diverse private Themen gequatscht. Das macht ein solches Treffen immer zu etwas sehr Persönlichem.
Ich lerne die Protagonisten kennen und zwar dort, wo sie sich zu Hause fühlen.
Doch was passiert, wenn der Protagonist derjenige ist, der dein Gehalt zahlt?
Es ist ein Sonntag im Jahr 2017, ich liege noch im Bett und werfe einen ersten Blick auf mein Handy. Eine Nachricht von meinem Chef, Thomas Wendt: „Ihr Blog wird immer besser!! Lese ich gerade – toll. Ich gebe mal Zehlendorf Tipps :)“
Ich blinzele durch meine verschlafenen Augen und lese noch einmal. Mein Chef liest meinen Blog und findet ihn gut?! Das gibt es doch nicht! Ich schreibe ihm also, dass mich das freut und Tipps immer willkommen sind. Er antwortet: „Aber nur mit Fotostory.“ Meint er das wirklich ernst?! Ich schreibe: „Bieten Sie sich gerade für die „Mein Berlin“-Serie an? Das wäre ja wohl der Kracher.“
Mein Chef: „Klar, für Mein Berlin!“.
Und so kommt es, dass dieser Artikel heute etwas ganz Besonderes ist. Ich bin nicht etwa mit einer langjährigen Freundin unterwegs, sondern mit meinem Chef. Den ich im Büro nur mit Anzug kenne, der Personalleiter Verlage in einem großen Medienkonzern ist und noch schneller spricht und denkt, als ich es schon tue.
Während ich am Tag des Treffens mit der S-Bahn Richtung Zehlendorf fahre, denke ich darüber nach, wie das wohl laufen wird. Meinen Chef kenne ich als anspruchsvoll, auch was das Essen angeht. Da darf es gern mal was Besseres sein. Das gilt nicht nur für die Restaurantauswahl, sondern auch für die eigene Küche.
Denn der 47-jährige backt nicht nur selber Brot, auch Braten, ausgefallene Knödel und andere Leckereien entstehen in seiner Küche. Als wir im Büro über unser Vorhaben sprachen, hatte Thomas Wendt lachend gesagt:
„Ihr Blog ist wirklich klasse, aber da muss mal ein bisschen mehr Spießigkeit drauf.“
Dementsprechend gespannt bin ich auf seine Lieblingslokale.
Zehlendorf Tipps von Thomas Wendt
Zehlendorf Tipps No 1: Frühstücken bei Tomasa
Unsere Tour zu Thomas Wendts Zehlendorf Tipps startet mit einem Frühstück. Dazu treffen wir uns im Tomasa in der Berliner Straße. Ich suche den Tisch aus und bin erst einmal etwas überfordert. Denn dieses Lokal ist riesig. Die Frühstücksauswahl ist das nächste, was mich beeindruckt.
Hier wird wirklich jeder Geschmack bedient. Mein Chef wählt das Englische Frühstück, ich entscheide mich für das kleine Frühstück mit Datteln im Speckmantel und Mozzarella-Rührei. Dazu zwei Milchkaffees.
Es dauert gar nicht lang, da bringt uns der freundliche Service auch schon die liebevoll angerichteten Teller. Schon beim ersten Bissen ist klar: Frische und Qualität, darauf wird im Tomasa Wert gelegt. Schinken, Obst, Datteln, Rührei – alles schmeckt hervorragend. Auch mein Chef sieht zufrieden aus.
Website Tomasa Zehlendorf
Berliner Straße 8-8a, 14169 Berlin
Mo bis Do 9 – 0 Uhr, Fr 9 – 1.00 Uhr, Sa 9 – 1.00 Uhr und So 9 – 0 Uhr
Während wir uns durch die erste Mahlzeit des Tages schlemmen, unterhalten wir uns über Berlin und Zehlendorf.
Im Spätsommer 2008 sind mein Chef und seine Familie von Hamburg in die Hauptstadt gezogen. Heute sagt er:
„Nach Hamburg würde ich nicht mehr zurückziehen. Mit jeder anderen deutschen Großstadt würde man nach Berlin einen Rückschritt machen. Wenn man sich einmal eingewöhnt hat, will man die Vorteile nicht mehr missen.“
Zehlendorf Tipps No 2: Kuchen schlemmen von Tayas
Wir verlassen das Tomasa und fahren zum nächsten Spot. Auf dem Weg dorthin kommen wir an unzähligen Stadtvillen vorbei, eine prächtiger als die andere. Währenddessen denke ich mir, wenn das Haus einen Prinzessinnenturm hat und der Garten die Größe eines kleinen Parks, dann hat man es wohl geschafft.
Auch wenn ich schon unzählige Male in dem Bezirk unterwegs war, so beeindruckt mich die fast unrealistische Idylle hier immer wieder. Nur schwer vorzustellen, dass das immer noch zum wilden Berlin gehört.
Plötzlich stehen wir vor einem süßen, kleinen Pavillon. Dem Tayas, Thomas Wendts zweiter Zehlendorf Tipp.
Die Besitzerin, eine Verkäuferin sowie rund 15 Kuchen und Torten drängen sich auf engstem Raum. So hübsch der Pavillon auch ist, platztechnisch ist es wohl ganz gut, dass Tayas ab Juni 2017 eine Straße weiter zieht. Was bleiben wird, ist die Qualität der hausgemachten Konditorenmeisterwerke.
„Unser Krokant zum Beispiel, das machen wir selbst und da kommt ordentlich viel Nuss rein. Das machen wenige so wie wir. Meist nehmen sie lieber mehr Zucker, der ist günstiger.“
Schon vor 13 Jahren, damals noch am Nikolassee, hat Tayas ihre Kuchen verkauft. Und noch heute fällt die Wahl angesichts der prächtigen Auswahl schwer. Hetzen brauchen wir nicht, denn wie war das noch: „In Zehlendorf ticken die Uhren noch langsamer“. Das gilt auch für den Kuchenkauf.
In aller Ruhe begutachte ich also sämtliche Werke. Währenddessen klingelt das Telefon, eine Stammkundin reserviert ein paar Stücke. Ich entscheide mich für Carrot Cake, Schokotorte und Käse-Birne. Später, zu Hause, bei einer Tasse Kaffee, tische ich auf und mache mich gemeinsam mit meinem Helden über die zuckrigen Teile her. Jedes für sich ein wahrer Genuss!
Tayas Website
Breisgauer Strasse 14, 14129 Berlin
Mi bis So 11- 18 Uhr
Zehlendorf Tipps No 3: Entspannen beim Bootshaus Bolle
„Bolle reiste einst zu Pfingsten…“ – na wer kennt den alten Berliner Klassiker? Mir dröhnt dieses Lied meiner Grundschulzeit direkt durch den Kopf, als Thomas Wendt seinen nächsten Zehlendorf Tipp verkündet. Das Bootshaus Bolle, direkt am Wannsee, trumpft mit netten Ambiente auf. Wenn Thomas Wendt eine Fahrradtour vorbei am Schlachtensee hin zum Wannsee unternimmt, dann ist das Bootshaus Bolle ein willkommener Grund zum Anhalten und Pause machen.
„Das hier ist ein bisschen wie Urlaub an der See“.
Wir bestellen zwei Milchkaffees, genießen die Sonne, die durch die Wolken bricht und das Vogelgezwitscher. So ist das Leben in Ordnung. Wer bei Bolle auch was Essen will, der darf sich über den freundlichen Service und die Karte mit gutbürgerlicher, deutscher Küche freuen.
Bootshaus Bolle Website
Am Großen Wannsee 60, 14109 Berlin
Sa & So 12 – 19 Uhr
Im Sommer (Mai – Sep) tgl. 11 – 21 Uhr
Der Lieblingskulturorte in Berlin
Ich weiß, dass mein Chef von Zeit zu Zeit gern in die Oper geht. Ewig lange Stücke sind aber weniger seins. „Die komische Oper gibt mir das Gefühl, in einem altehrwürdigen Opernhaus zu sitzen. Ein bisschen Frankreich im 19. Jahrhundert. Außerdem sieht man, wie ich finde, von allen Pätzen aus gleich gut und es werden auch mal heitere Stücke gespielt.“
Wenn es nicht die Oper ist, dann kann es auch schon mal ins Theater am Ku’Damm gehen. „Ab und an muss man ja mal den typischen Westberliner geben.“
Komische Oper Website
Komödie am Ku’Damm
Zehlendorf Tipps No 4: Dinieren bei Brunello
Vom Wannsee machen wir uns zum krönenden Abschluss auf. Seit März 2015 ist das I Brunello eine gute Adresse, um nach einer anstrengenden Arbeitswoche, Trüffelnudeln und einen guten Wein zu genießen. Obwohl das Frühstück noch kaum verdaut ist, möchte ich trotzdem wissen, was der Laden kann. Wir bestellen also trotz andauernder Sättigung zwei Vorspeisen: Spargel für mich und gebackenen Ziegenkäse für ihn. Beides ist hübsch angerichtet und hervorragend im Geschmack!
Neben den angebotenen Speisen, ist es vor allem der herzliche Gastgeber, von dem mein Chef so schwärmt: Basti. Der kennt seine Gäste, hat immer eine ausgezeichnete Weinempfehlung parat und schafft in seinem Restaurant ein tolles Ambiente.
Weiße Tischdecken, glänzendes Geschirr, perfekt eingedeckt. Was an Speisen auf den Tisch kommt, ist immer frisch und von höchster Qualität. Ein hochpreisiger Stammitaliener, wie ihn das Zehlendorfer Establishment mag.
Il Brunello Website
Spanische Allee 41, 14129 Berlin
täglich 12 – 24 Uhr, Dienstag ist Ruhetag
Unbedingt unter 030 239 10 482 reservieren
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Fragen an Thomas Wendt
Was ist für Sie typisch Berlin?
„Ungepflegte Straßen und Gärten, im Vergleich zu München und Hamburg. Schrill gekleidete Menschen sind auch typisch, wenn es um die Optik von Berlin geht. Ansonsten ist die Stadt vor allem absolut pulsierend und international. Wenn es eine Stadt gibt, die ähnlich wie New York ist, dann ist es Berlin. Sicher nicht der Bezirk Zehlendorf, aber Berlin als solches.“
„Wenn man im Ausland sagt, man komme aus Berlin, dann hat man schon ein Standing.“ Schade sei, dass es „Ost“ und „West“ immer noch in vielen Köpfen gäbe.“
„Berlin hat aber auch viele Parks, Wälder, Wasser – so viel Natur! Das traut man einer Großstadt nicht zu und das finde ich toll. Ich dachte immer, Hamburg ist grün. Aber das ist im Vergleich zu Berlin ein Irrtum.“
Was macht Zehlendorf für Sie aus?
„Zehlendorf ist ganz klar gutbürgerlich, hip ist was anderes.“
Lachend ergänzt er: „An Physiotherapeuten mangelt es hier nicht. Zehlendorf ist sicherlich der Bezirk mit der höchsten Ärztedichte.“ Der typische Zehlendorfer sei eher reserviert, vielleicht könne man ihn als den Hamburger unter den Berlinern bezeichnen.
Optisch könne das auch mal der ältere Herr, „modisch verwirrt, so der Rolf Eden Typ mit roter Hose, gelbem Pulli und grüner Jacke sein. Der Zehlendorfer bleibt gern in seinem Bezirk, maximal noch bis zum Ku’Damm, weiter bewegt er sich in Berlin aber wahrscheinlich nicht.“
Neue Leute würden schon genauer geprüft, wenn man aber einmal im Inner Circle wäre, dann ist man auch unter den Nachbarn in einer festen Gemeinschaft. In Zehlendorf würden die Uhren noch etwas langsamer ticken, als im Rest Berlins. Hier könne man vom täglichen Wahnsinn etwas entschleunigen. Dafür sorgen Grünflächen und Seen, das sei schon wirklich großartig.
Was könnte Berlin besser machen?
„Berlin könnte besseren Service bieten. Die Verwaltung ist hier ganz schlecht. Entweder funktioniert alles oder nichts. Wohnungsbau, darum müsste man sich wirklich mal kümmern. Alles, was vom Amt gesteuert wird, dauert einfach viel zu lange. Manchmal denk’ ich, das ist noch das alte Westberlin von vor der Wende. Berlin ist meiner Meinung nach eine Weltstadt mit einer Provinzregierung. Die großen Themen kommen nicht, dafür werden Unisex-Toiletten diskutiert. Berlin müsste sich auch mal etwas hübscher machen, mehr pflegen. Die Visitenkarte der Stadt ist manchmal sehr schmuddelig.“
Wenn man nur einen Tag für die Hauptstadt hat, was sollte man unternehmen?
Touristisch, aber sinnvoll: Mit dem Hop On Hop Off Bus einen Überblick gewinnen. Dann hat man auch das Brandenburger Tor schon einmal gesehen. Auch wenn ich es persönlich grässlich finde, aber der Checkpoint Charlie muss wohl auch sein. Wer Berlin erleben will, der kommt auch um Friedrichshain und Kreuzberg nicht herum. Curry 36 macht man natürlich nicht, das ist wirklich nur für Touris. Die Antiempfehlung ist der Alex, es gibt nichts Öderes.
Unsere Tour ist vorbei, ich mache mich mit meinem Kuchen auf nach Hause und denke, dass ich mit meinem Helden mal eine Radtour durch Zehlendorf machen sollte. Entlang am Wannsee, das würde ihm sicher auch gefallen.
Karte mit Zehlendorf Tipps von Thomas Wendt
Wenn du Lust hast, den köstlichen Kuchen von Tayas zu schlemmen oder mal so richtig gut italienisch essen zu gehen – alle Zehlendorf Tipps von Thomas Wendt habe ich dir oben im Text verlinkt und auch noch einmal in eine Karte eingezeichnet. Deinem Zehlendorf Ausflug steht also nichts mehr im Wege.
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GRÜNDERIN
Nicole Bittger
Reisesüchtige Foodie & Coffee Nerd aus Berlin mit großer Fotoleidenschaft, einem Herz für Tiere und die Natur.
Mit Nicoles Neugierde auf die Welt und ihrem ersten Sabbatical erblickte auch PASSENGER X das Licht der Welt. Ein halbes Jahr Abenteuer in China, Japan und Europa führten dazu, dass dieser Blog mit Leben gefüllt wurde. Um ein Jahr später fünf Monate lang solo durch das bunte Südamerika zu touren, kündigte Nicole schließlich ihren sicheren Konzernjob. Seitdem arbeitet sie selbstständig und ist Vollzeitbloggerin.
Ob sie jemals genug vom Reisen haben wird? We doubt it!
Fun Fact: Nicoles Herzensland ist Grönland. Dort hat sie noch das wahre „Weit-Weg-Gefühl“.
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