Daniel und Judith (beide 35 Jahre) sind die Ersten in meiner neuen Interviewreihe. Die beiden Düsseldorfer arbeiten beide im Vertrieb und haben für ihre dreimonatige Reise Anzug und Pumps in Jeans und Chucks getauscht. In ihrem Sabbatical wollten sie möglichst viel sehen, neue Blickwinkel erhalten, anderes Essen probieren, Ur-Völker und verschiedene Kulturen kennenlernen. Welche Länder sie bereist haben, was ihre Highlights waren, wie sie ihr Sabbatical mit ihrem Arbeitgeber geregelt haben und was das ganze gekostet hat, verraten sie dir heute im Interview.
Wie kam die Idee ein Sabbatical zu machen?
Judith: Seit dem Studium wollte ich schon eine Weltreise machen, besonders hatte es mich schon damals nach Lateinamerika gezogen. Doch wie das während des Studiums so ist, war das Geld zu knapp. Als ich angefangen habe zu arbeiten, war der Berufsstart und das Vorankommen erst einmal im Vordergrund, aber der Reisewunsch ist nie verschwunden. So haben wir angefangen, die jährlichen Urlaube auf Fernreiseziele zu legen: Kuba, Costa Rica & Tansania. Irgendwann war klar, dass das nicht reicht. Daniel war letztendlich derjenige, der Ende 2014 mit der Idee des Reisens über einen längeren Zeitraum um die Ecke kam. Wir haben uns dann auf einen Zeitraum von drei Monaten geeinigt. Der Plan war von Anfang an, dies irgendwie mit dem Arbeitgeber abzustimmen, als Pause vom Job.

Wie lange vorher habt ihr das Sabbatical bei euren Arbeitgebern angekündigt und wie hat man dort reagiert?
Judith: Bei meinem Arbeitgeber gibt es kein offizielles Sabbatical Programm und so habe ich eine Unternehmensumstrukturierung genutzt, bei der es eh Personalgespräche gab. Dort habe ich meinen Wunsch geäußert – das war im Dezember 2014. Eigentlich wollten wir in der zweiten Hälfte 2015 reisen. Auf eine Antwort musste ich warten, bis alle Entscheidungen zu der Umstrukturierung gefallen waren, was im Mai 2015 soweit war und dann bekam ich endlich die erhoffte positive Antwort. Da inzwischen aber sechs Monate vergangen waren, war klar, dass an einen Start im selben Jahr nicht mehr zu denken war. Außerdem musste ein Projekt welches noch bis April 2016 ging abgeschlossen sein. Danach könne ich starten, das war die Bedingung.
Daniel: Bei mir im Unternehmen gibt es grundsätzlich ein Sabbatical Programm. Aus meinem näheren Arbeitsumfeld hatte dies aber noch niemand in Anspruch genommen. Als erstes habe ich mir von einer Kollegin aus dem Personalbereich ein paar Grundinformationen eingeholt, wie so ein Sabbatical umgesetzt werden kann. Wenig später (Nov. 2014) habe ich dann mit meinem Chef über unsere Pläne gesprochen. Der hat ganz entspannt reagiert und meinte nur, dass wir das gut zeitlich abstimmen müssten und ich mich einfach um die restliche Handhabe mit der Personalabteilung kümmern solle. Losgefahren sind wir letztendlich am 30.04.2016, also eineinhalb Jahre nach dem ersten Gesprächen mit den Arbeitgebern. Unsere Auszeit war für drei Monate vereinbart – so dass wir von Mai bis Juli 2016 unterwegs waren.
Wo wart ihr überall und was waren eure Highlights?
Daniel: Wir waren in Mexiko, Kuba, Ecuador, Peru, Neuseeland, Australien, Singapur, Mongolei, Peking und Dubai. Schon beim Planen war klar, dass wir uns für eine Variante des Reisens entscheiden würden, bei der wir so viele Länder wie möglich sehen könnten. Dafür aber von jedem Land nur einen kleinen Teil. So haben wir maximal zwei Wochen in jedem Land verbracht und sind vergleichsweise schnell gereist.
Judith: Für mich waren die drei Top Highlights mein Fallschirm-Sprung über dem Lake Taupo in Neuseeland, die 2 Wochen in der Mongolei und unser Aufenthalt auf den Galapagos Inseln.
Daniel: Ganz weit oben bei mir stehen auch die Galapagos Inseln, gefolgt von einem 4-Tages-Trekking über den Lares-Trek in Peru durch die Anden zu Macchu Picchu und der riesige Khovsgol See im Norden der Mongolei.
Judith: Wir haben auf unserem Blog www.reise-hunter.de unsere Eindrücke und Erlebnisse zu jedem Land aufgeschrieben und mit Fotos versehen – wer Lust auf mehr Details hat, einfach reinklicken.

Was hat euer Sabbatical gekostet?
Judith: Eine Gesamtrechnung am Ende haben wir ehrlicherweise nicht gemacht. Wir wissen, dass wir für die insgesamt 15 Flüge ca. 5.000 Euro bezahlt haben. Gebucht haben wir alles einzeln ohne Round-the-world Ticket. Wir haben fast überall in Hostels oder AirBnb Doppel- oder Dreibettzimmern übernachtet und im Schnitt 30 Euro pro Nacht exkl. Frühstück bezahlt. Geschätzt liegen die Kosten alles in allem um die 10.000 -12.000 Euro pro Person. Der Haupttreiber ist hier natürlich die Tatsache, dass wir in kurzer Zeit sehr viele Dinge gesehen haben. Andere verbringen drei Monate alleine in einem oder zwei Ländern und dies ggf. auch noch in Südostasien – da sehen die Kosten natürlich komplett anders aus.
Daniel: Zu den laufende Kosten zu Hause: hier hatten wir nur unsere Miete der Wohnung in Düsseldorf. Für drei Monate war uns der Aufwand zu hoch, einen Teil unserer Sachen woanders einlagern zu müssen (das wäre auch wieder mit Kosten verbunden), damit wir hätten untervermieten können. Das private Auto haben Freunde von uns ab und an mal umgeparkt; die Unterhaltungskosten sind entsprechend auch weiter gelaufen. Weitere Kosten bei uns beiden: FitnessStudio und Sportverein, die liefen auch weiter.
Was hat sich nach dem Sabbatical für euch verändert?
Daniel: Wieder Heim zu kommen war generell sehr schön nachdem der Kopf mit so vielen Eindrücken gefüllt wurde. Darauf, Familie und Freunde wieder zu sehen, hatte ich mich auf den letzten Tagen unterwegs schon gefreut. In den Job bin ich einfach wie vereinbart zurückgekehrt, drei Monate sind ja auch keine sehr lange Zeit. Völlig „raus aus dem Job“ ist man da nicht. Verschiedenen Kollegen haben sich netterweise während meiner Abwesenheit um meinen Bereich gekümmert – vielen Dank an dieser Stelle.
Judith: Verändert hat sich für uns beide hauptsächlich, dass wir einen anderen Blickwinkel auf viele Dinge bekommen haben: Deutschland ist ein sehr lebenswertes Land und wir Deutsche haben keinen Grund zum Jammern. Es geht uns recht gut hier. Wir alle haben Zugang zu Bildung, zu ärztlicher Versorgung und zudem gibt es super niedrige Lebensmittelpreise im Vergleich zu anderen Industrie-Ländern, um ein paar Dinge zu nennen, die oft in den Erste-Welt-Problemen untergehen. Den Auswirkungen unseres Handelns auf der anderen Seite der Erde näher zu sein – Stichworte Plastikmüll, echte Nahrung vs. Industrie-Essen oder auch Palmöl – steigert das Bewusstsein für diese Themen. Wir achten mehr als vor der Reise auf unsere Ernährung und auf die Vermeidung von Plastikmüll.

Würdet ihr es wieder tun?
Daniel & Judith: sofort!!!
Habt ihr noch einen Tipp für die, die noch überlegen, ob sie ein Sabbatical machen sollen?
Judith: Überlegt euch, was ihr wirklich wollt. Eine kurze, zeitlich begrenzte Auszeit vom Job, um in diesen zurückzukehren oder doch lieber ganz aus dem aktuellen Job raus und Reisen ohne zeitliche Begrenzung, um wahrscheinlich später wieder in einem ähnlichen Job zu arbeiten. Oder wollt ihr euch komplett verändern/selbstständig machen oder oder…. – man muss die Reise selber definitiv nicht vorab durchplanen, aber es ist hilfreich sich über seine eigenen Erwartungen klar zu werden
Daniel: Wenn ihr überlegt, ob es der richtige Zeitpunkt ist, dann ist es definitiv der richtige Zeitpunkt
Daniels & Judiths Sabbatical im Überblick
Dauer Sabbatical: drei Monate
Kosten: 10.000 – 12.000 Euro pro Person
Sabbatical Regelung:
Judith: 1 Monat Urlaub und 2 Monate unbezahlten Urlaub, während der 2 Monate hatte sie halbes Gehalt und 2 Monate vorm Sabbatical ebenso.
Daniel: 1 Monat Urlaub und 2 Monate unbezahlten Urlaub – die Gehaltsreduktion hat sich bei ihm auf 6 Monate verteilt.
Reiseziele: Mexiko, Kuba, Ecuador, Peru, Neuseeland, Australien,
Singapur, Mongolei, Peking und Dubai
Judith und Daniel haben ihren Blog genutzt, um das Erlebte zu verarbeiten und so ist eine Art Reisetagebuch entstanden. Auf Reise Hunter kannst du nachlesen, wie sie mit dem Rad über eine der Galapagosinseln gefahren sind und dabei Flamingos begegneten, wie es ist, wenn man die mongolische Wüste erreicht und es in Strömen regnet oder wie sich Judith in Neuseeland den Traum vom Skydiving erfüllte und aus 4.600 m Höhe sprang.
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