Einmal im Leben… So beginnt eine Liste, die ich seit meiner Jugend pflege und fast genau so lange steht schon ein sehr spezieller Punkt auf dieser Liste: Paragliden. Besonders ist dieser Punkt deshalb, weil ich schon länger, als die Liste existiert Höhenangst habe. Das Besteigen von Aussichtstürmen ist für mich ein Horror, den Blick vom Eiffelturm konnte ich vor vielen Jahren nicht genießen, hoffte ich doch nur schnell wieder runter zu dürfen und selbst eine hohe Leiter kann mir schon Probleme bereiten.
Trotzdem schaffte es das Gleitschirmfliegen auf meine Liste.
Warum? Ich hatte einfach die Vorstellung, dass es so unfassbar irre sein muss in der Luft zu gleiten, dass ich immer dachte, eines Tages würde ich mich überwinden und dieses Erlebnis angehen. Schön geredet habe ich mir die Höhe immer damit, dass man nicht springt, sondern eben kurz läuft und dann davon gleitet. Ist die Sache mit der Höhenangst doch vor allem oft die Furcht vorm Fallen.
Da stand dieser Punkt also nun, seit Jahren unangetastet. 2014 dann der erste Versuch. Auf den Azoren wollte ich es angehen. Es scheiterte dann daran, dass die Infos im Internet so rar waren, dass sich die Flugschule vor Ort einfach nicht finden ließ. Eine Weile ruhte das Thema dann wieder. Bis vor ein paar Tagen. Da habe ich mich dann getraut und bin geschwebt.
Die Schweiz ist ein wunderbares Land mit atemberaubenden Landschaften. Der Grindelwald – wohl einer der schönsten Orte, die ich je gesehen habe – ist geprägt von weißen Bergspitzen, grünen Tälern und hübschen traditionellen Häuschen. Der perfekte Ort, um abzuheben – Gleitschirmfliegen in der Schweiz.
Meine Soloreise führte mich vom Bahnhof Grund erst den Berg hinauf zum Schlafen im Stroh, dort schnell meinen Backpack abgesetzt und den Berg wieder runter Richtung Grindelwald. Ich hatte am Tag zuvor telefonisch abgemacht, mich an der Gondelstation zum First zu treffen. In der Hoffnung, dass nach einigen Regentagen auch noch das Wetter mitspielte und dem großen Erlebnis nichts im Wege stehen würde. Um 16 Uhr wartete Uli auf mich, mein Tandemlehrer, der mich bei meinen „Einmal im Leben“-Spektakel begleiten würde. Alles stimmte. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und so würde es dieses Mal tatsächlich klappen.
Einatmen, ausatmen und einfach nicht darüber nachdenken, was gleich passiert.
„Ich wollte das, ich will es immer noch, ich werde nicht kneifen, das schulde ich mir selber, ich habe eine Entscheidung getroffen und das wird jetzt auch durchgezogen.“ Also ab in die Gondel (das wäre früher schon undenkbar für mich gewesen) und die Fahrt hoch zum First genießen. Dieser Ausblick, wie kann man das nicht mögen. Über die Höhe wird jetzt einfach mal nicht nachgedacht!
Wir steigen aus, Uli schleppt die 20 kg Schirm im Rucksack und dann stehen wir auf der Hügelschräge. Dieser Ort allein mit seiner Schräglage wäre beim Nachdenken schon Horror genug gewesen, um schlackernde Beine zu bekommen und auf allen Vieren zurück zu robben. Nicht für mich, nicht dieses mal. „Heute will ich dieses geile Gefühl, schweben, mich selbst überwinden, einen einmaligen Moment.“
Uli pflügt der höhenängstigen Nicole noch eine Glücksbringer-Alp-Blume, die kommt in meine Jacke. Dann legt er mir den Helm an, hilft mir in den Sitz hinein, hakt alles fest und richtet den Schirm aus. Mit uns sind hier oben noch vier weitere Neulinge. Alle sind sie mit dem gleichen Prozedere beschäftigt. Wir sind als erstes fertig, Gott sei dank. So bleibt nicht viel Zeit nachzudenken.
Uli steht dicht hinter mir: „Nicole, bist du fertig?“
Bin ich das? „Nein, nicht wirklich, aber ja, irgendwie, ja, ich bin fertig“.
Und dann zählt er: „Drei, zwei, eins – laufen!“.
Wir machen drei Schritte und schon zieht uns der Schirm nach oben und ich verliere den Boden unter den Füßen, wir schweben. Erst ein paar Meter über der Schräge und schon sind wir weg vom Hügel und über dem Tal. Ich schreie vor Aufregung und Glück. Alles zeitgleich. Kann die Augen erst gar nicht richtig aufmachen, Gott ist das hoch. Welch irres Gefühl.
Er greift meine Hände und sagt „lass locker, du drückst noch das Wasser aus dem Schirm. Entspannen, wir fliegen. DAS ist Fliegen.“
Einatmen, ausatmen, das ist es, das ist es wovon die Menschheit Jahrhunderte träumte. Das ist es, was so lang auf meiner Liste stand: Gleitschirmfliegen.
Vor uns die Berge, die Spitzen noch Schneebedeckt, umtanzt von Wolken. Unter uns die grünen saftigen Wiesen und all die Miniaturen von Häusern, Rodelbahn, Menschen, winzig klein.
Mit 40 km schweben wir dahin, das sagt Uli, gefühlt stehen wir beinahe in der Luft. Egal was ich jetzt schreibe, dieses Gefühl kann nicht annähernd in Worte gefasst werden.
Man sitzt in der Luft, spürt ein wenig, dass der Schirm über einem gespannt treibt, es ist Magie.
Wir drehen ein paar Kurven direkt an den Felsen, unter uns die Schlucht. Lassen uns von einer warmen Schicht nach oben treiben, gleiten noch einige Minuten, ehe es mit ein paar aufregenden Kurven (hallo Achterbahn!) wieder zum Boden geht.
Gekonnt wird auf der makierten Fläche gelandet.
Auf meinem Gesicht macht sich ein Lächeln so breit, dass meine Augen beinah nicht mehr zu sehen sind. Ich habe es gemacht, ich habe es echt gemacht, ich habe mich getraut.
Getreu meinem Motto: Do it with passion or not at all.
Ich hatte mich entschieden und es einfach durchgezogen, kein Rückzieher. So hat mich der Sprung über meinen Schatten, auf die Seite hinter meinen Ängsten, zu einem unbeschreibaren einmaligen Moment in meinem Leben geführt, 1100 Meter in der Luft, mit dem Blick auf einen der schönsten Orte der Welt. Und ich voller Emotionen.
Aufregung, pure Freude, Adrenalin, unglaubliche Dankbarkeit. Ich habe mich gefühlt, als könnte ich einfach alles erreichen, wenn ich mich nur traue.
Einatmen, tief einatmen und hoffen, dass ich davon so viel wie möglich speichern kann. Im Kopf und im Herzen, vom Gleitschirmfliegen in der Schweiz.
Diese Welt ist so schön!
Na, wie schaut’s aus? Jetzt hast du wohl auch Lust abzuheben, Gleitschirmfliegen in der Schweiz auszuprobieren? Dann such dir einen schönen Ort und eine gute Flugschule, damit dein Erlebnis auch wirklich großartig wird. Ich war von Paragliding Jungfrau super begeistert, habe mich gut aufgehoben gefühlt und der Ort, nun ja, das sieht man ja, der ist perfekt gewesen. 180 Chf hat mich der 20 minütige Flug gekostet und das war es auf jeden Fall wert.
Die nächste Reise steht bald an und überlegst noch, welchen Rucksack du am besten kaufst oder welche Hygieneartikel wohl am wenigsten Platz wegnehmen? Lass dich doch auf meiner Equipment- & Toolseite inspirieren. Dort verrate ich dir auch, welche Kamera ich auf Reisen nutze. Und wenn du dann alles hast, helfen dir meine Packlisten auch nichts zu vergessen.
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